MÜNCHEN Die laufenden Regulierungsverfahren der Europäischen Union für den Finanzsektor bergen nachhaltige Gefahren für die Kreditversorgung kleiner und mittelständischer Unternehmen. Diese Auffassung vertrat die Finanzplatz München Initiative (fpmi) in einem Gedankenaustausch mit hochrangigen Vertretern des EU-Parlaments und der EU-Kommission. Bayerns Wirtschaftsminister Martin Zeil hatte der fpmi-Delegation deutliche Empfehlungen mit auf den Weg gegeben: „Die Risikogewichtung im Kreditgeschäft mit dem Mittelstand muss reduziert werden. Es gilt, die Eigenkapitalanforderungen für Mittelstandskredite auf heutigem Niveau zu halten. Andernfalls wird sich die Finanzierung kleiner und mittlerer Unternehmen über Gebühr verteuern.“ An den Gesprächen der fpmi nahmen auch Vertreter der Basel-III-Arbeitsgruppe der Wirtschaftsministerkonferenz teil.
Die fpmi kritisierte, dass die Kreditinstitute wegen des pauschalen Anstiegs der Eigenkapitalanforderungen unter Basel III künftig auch für das vergleichsweise wenig risikoanfällige Mittelstandskreditgeschäft mehr Eigenkapital vorhalten müssen. „Dadurch werden die Refinanzierungskosten für Mittelstandskredite nach Berechnungen des Münchner Professor Christoph Kaserer um 30 bis 50 Basispunkte steigen. „Das führt dazu, dass sich die Kredite verteuern. Auf den gesamten Euroraum gerechnet wird so die jährliche Zinsbelastung für unseren Mittelstand von 14 Milliarden Euro auf rund 24 Milliarden Euro in die Höhe schnellen“, erklärte Zeil.
Um dies zu verhindern, hat die fpmi ihren Gesprächspartnern von EU-Parlament und EU-Kommission vorgeschlagen, die Risikogewichtung, die Banken für Kredite an kleine und mittlere Unternehmen vornehmen müssen, von aktuell 75 Prozent auf 50 Prozent zu reduzieren. Diese Absenkung würde die allgemeine Verschärfung der Eigenkapitalanforderungen kompensieren und damit eine zusätzliche Belastung mittelständischer Unternehmen vermeiden. Ferner schlug die fpmi vor, die Grenze für das Kleinkreditgeschäft von einer Million Euro auf fünf Millionen Euro anzuheben. Zeil warnte im Vorfeld der Reise: „Das Mittelstandsgeschäft hat sich in der Finanzkrise als Stabilitätsanker erwiesen. Eine Verschärfung der Kapitalanforderungen in diesem Bereich würde die Falschen treffen.“
Eindringlich plädierte die fpmi in den Gesprächen auch dafür, die geplante Verschärfung der Eigenkapitalvorschriften zumindest für die kleineren und mittleren Kreditinstitute über den gesamten Zeitraum bis 2019 nur schrittweise vorzunehmen. Das Geschäftmodell dieser Institute habe sich, so der Minister, in der Finanzkrise bewährt, so dass eine beschleunigte Erhöhung der Eigenkapitalanforderungen nicht notwendig sei.
Ebenfalls mahnte die fpmi eine Senkung der operativen und verfahrensmäßigen Anforderungen an, die die Bankenaufsichtsbehörden aus Basell III auch für kleine Banken ableiten. Der seit vielen Jahren etablierte sogenannte Grundsatz der doppelten Proportionalität sei unbedingt beizubehalten. Dieser besagt, dass die bankinternen Risikosteuerungssysteme proportional zur Größe, zum Geschäftsumfang und zur Komplexität des betriebenen Bankgeschäfts ausgestaltet sein müssen, und die Prüfungspraxis angemessen auf das Risikoprofil des Kreditinstituts abgestimmt sein sollte. „Dieses Prinzip hat sich in der Vergangenheit bewährt und darf nicht ausgehebelt werden“, forderte Zeil. Die fpmi machte deshalb in Brüssel deutlich, dass eine Abkehr von diesem Grundsatz die kleinen Banken in unangemessener Weise belasten würde.
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Pressemitteilung-Nr. 135/12