MÜNCHEN Bayerns Wirtschaftsminister und stellvertretender Ministerpräsident Martin Zeil erwartet von der Bundesregierung, für den zügigen Umbau der Energieversorgung schnell die dafür notwendigen gesetzlichen Vorgaben zu schaffen: „Entscheidend für den raschen Umstieg auf erneuerbare Energien sind die von EU und Bund festgelegten Rahmenbedingungen. Die Bayerische Staatsregierung verfolgt das Ziel, bis 2021 mindestens 50 Prozent des bayerischen Stromverbrauchs aus erneuerbaren Energien zu decken. Um dies äußerst ambitionierte Ziel zu erreichen, sind erhebliche Verbesserungen unerlässlich“, betont Zeil im Vorfeld des Koalitionsgipfels am 6. November in Berlin. „Wer einen möglichst schnellen Umstieg auf erneuerbare Energien will, der darf keine Zeit mehr verlieren und muss alle Energie darauf verwenden, die nötigen Entscheidungen schnell zu treffen“, mahnt Zeil den Bund zur Eile.
Der Minister richtet sich mit fünf konkreten Eckpunktforderungen an den Bund:
1. Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) entsprechend ausgestalten
„Die Energiepreise drohen dramatisch anzusteigen. Dies birgt nicht nur die Gefahr, dass unsere Gesellschaft sozial gespalten wird in jene, die sich höhere Strompreise leisten können und jene, die das dann eben nicht mehr im Budget haben. Gleichzeitig droht unserem Land durch höhere Strompreise die Abwanderung ganzer Industriezweige, für die der Strompreis ein wichtiger, oft sogar überlebenswichtiger Wettbewerbsindikator ist. Beiden absehbaren Entwicklungen müssen wir rechtzeitig entgegenwirken. „Nur wenn wir die Weichen von Anfang an richtig stellen, können wir Standorte und Arbeitsplätze in Deutschland und letztlich die Akzeptanz in der Bevölkerung für den beschleunigten Umbau der Energieversorgung erhalten“, unterstreicht Zeil. Zwar sei die Ermäßigung der sogenannten EEG-Umlage für stromintensive Unternehmen im Rahmen der Novelle des EEG ausgeweitet worden. Dieser Schritt in die richtige Richtung gehe aber noch nicht weit genug, mahnt der bayerische Wirtschaftsminister.
Auch die Regelungen zur umlagefreien industriellen Eigenstromerzeugung seien zu stark eingeschränkt worden, zeigt sich Zeil besorgt. „Die Bundesregierung muss hier nachbessern.“ Um die Rechtssicherheit zu erhöhen und den Speicherausbau voranzutreiben, müsse im EEG schließlich auch klargestellt werden, dass Speicher für bezogenen Strom keine EEG-Umlage entrichten müssten, mahnt Zeil.
Im Hinblick auf die Förderung von Strom aus Freiflächen-Photovoltaikanlagen setzt sich der Minister dafür ein, dass als einzige Vergütungsvoraussetzung ein Bebauungsplan vorliegen sollte. Freiflächen-Photovoltaikanlagen produzieren Solarstrom zu vergleichsweise günstigen Kosten.
2. Regionale Unterschiede bei den Netzentgelten und damit auch bei den Strompreisen beseitigen
Nachbesserungen der Bundesregierung verlangt Zeil auch im Hinblick auf die steigenden Netzkosten. „Die regionale Spreizung bei den Netzentgelten in Deutschland nimmt zu. Deshalb halte ich einen umfassenden bundesweiten Ausgleich der EEG-bedingten Netzausbaukosten für sinnvoll. Ich plädiere für einen netzübergreifenden Belastungsausgleich, so wie wir es schon beim Ausgleich der Vergütungszahlungen haben. Das könnte die regionale Verzerrung der Netzentgelte und damit auch der Strompreise beseitigen“, erläutert Zeil.
Eine spürbare Entlastung könne die Abschaffung der sogenannten vermiedenen Netzentgelte bringen, so Zeil weiter. „In Zukunft wird mehr Strom aus volatilen erneuerbaren Energien eingespeist. Der ursprüngliche Gedanke, dass dezentral erzeugter Strom grundsätzlich auch dezentral verbraucht wird, ist deshalb nicht mehr zeitgemäß. Wir müssen dieser Entwicklung schnellstmöglich Rechnung tragen. Der Ansatz der vermiedenen Netzentgelte für dezentrale Einspeiser ist jedenfalls dann nicht mehr zielführend, wenn der Strom nicht dezentral verbraucht wird.“
3. Gasinfrastruktur ausbauen
Ferner fordert Zeil die Bundesregierung auf, den notwendigen Ausbau der Erdgasinfrastruktur zu unterstützen und zu beschleunigen. „Wir benötigen in Bayern neue Gaskraftwerke mit einer Leistung von insgesamt 3000 bis 4000 Megawatt, um die Versorgungssicherheit im Land zu gewährleisten. Dazu brauchen wir jetzt schnell Klarheit über die zukünftigen Investitions- und Marktbedingungen für den Bau und den Betrieb neuer konventioneller Kraftwerke, sonst springen uns potenzielle Investoren ab“, mahnt Zeil zur Eile. Der Minister hebt außerdem hervor, dass der schnelle Bau neuer Gaskraftwerke in Bayern nur Sinn mache, wenn zeitgleich die entsprechenden Gastransportnetze gebaut oder ausgebaut würden. Nur so könne die Gasversorgung der neuen Kraftwerke sichergestellt werden. „Auch in diesem Punkt kann ich den Bund nicht aus der Pflicht entlassen“, so der Minister.
4. Energieeinsparpotenziale bei der Raumheizung ausschöpfen
Der Minister mahnt darüber hinaus an, alle Möglichkeiten zur Einsparung von Energie auszunutzen. Jede Energie, die eingespart und nicht verbraucht werde, müsse erst gar nicht produziert werden. „Wir müssen bei der Raumheizung alle Einsparpotenziale optimal ausschöpfen. Dazu muss der Bund sowohl das CO2-Gebäudesanierungsprogramm der KfW für Wohngebäude als auch das Marktanreizprogramm zur Förderung erneuerbarer Energien im Wärmebereich deutlich attraktiver ausgestalten. Auch steuerliche Anreize könnten einen deutlichen Impuls geben“, erklärt Zeil, der in diesem Zusammenhang ausdrücklich begrüßt, dass die Bundesregierung den Vermittlungsausschuss zum Gesetz zur steuerlichen Förderung von energetischen Sanierungsmaßnahmen an Wohngebäuden angerufen hat. „Die Bundesregierung muss außerdem die Nationale Klimaschutzinitiative aufwerten. Sie muss ermöglichen, dass wieder gezielt die gekoppelte dezentrale Erzeugung von Strom und Wärme durch hocheffiziente Mini- und Mikro-Kraft-Wärme-Kopplung gefördert werden kann“, verlangt Zeil.
5. Inhaltliche Anforderungen beim Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz (EEWärmeG) und der Energieeinsparverordnung (EnEV) zusammenführen
Abschließend fordert der Minister: „Wenn wir Energie maximal einsparen wollen, brauchen wir nicht nur verbesserte Förderbedingungen. Sowohl das EEWärmeG als auch die EnEV stellen energetische Anforderungen an den Bau von Gebäuden. Es sollte unbedingt nochmals diskutiert werden, die Anforderungen aus beiden Regelungen zusammenzuführen.“ Den Verbrauchern müsse die Möglichkeit eingeräumt werden, technologieoffen die jeweils effizientesten Maßnahmen zu kombinieren, um CO2-Emissionen zu reduzieren, zeigt sich Zeil überzeugt.
- . -
Pressemitteilung-Nr. 651/11