MÜNCHEN / PLÖN Bayerns Wirtschaftsminister Martin Zeil kommentiert den vom Bundeskabinett beschlossenen abgestuften ‚Ausstiegspfad’ als ambitionierten Kompromiss: „Was die besondere Situation Bayerns bei der Stromversorgungssicherheit anbelangt, geht der Beschluss im Rahmen des politisch Möglichen in die richtige Richtung“, so Zeil. Bei einem Ausstiegsfahrplan wie von Rot-Grün im Jahr 2002 beschlossen hätten drei große bayerische Kernkraftwerke bereits Mitte des Jahrzehnts vom Netz gehen müssen. Das hätte unausweichlich zu Stromabschaltungen und Netzzusammenbrüchen geführt. „Demgegenüber ist die jetzt gefundene Lösung eine deutliche Verbesserung. Sie ist auch ein Erfolg meiner immer wieder vorgetragenen und begründeten Forderung, die Versorgungssicherheit in Bayern nicht zu gefährden. Jetzt müssen wir all unsere Energien darauf konzentrieren, konstruktiv die Energiewende einzuläuten“, erklärt Zeil, betont aber: „Mir geht Gründlichkeit weiterhin vor Schnelligkeit.“
Man habe jetzt mehr Zeit für den Bau von Ersatzkapazitäten, vor allem von Gaskraftwerken, gewonnen. Die Abschaltung des Kernkraftwerks Grafenrheinfeld bereits Ende 2015 sei eine große versorgungstechnische Herausforderung. Die zahlreichen Gesetzentwürfe des ‚Energiepakets’ werde man im Bundesrat jetzt zügig und zielorientiert prüfen und beraten. Beim Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) werden wir darauf drängen, dass die spezifisch süddeutschen Potenziale, etwa Photovoltaik und Onshore-Windkraft, bei der Förderpolitik stärker gefördert werden. Jetzt müssten den Worten auch Taten folgen. So müsse künftig die Vergütungsfähigkeit von Photovoltaik-Anlagen auf Freiflächen wieder ausgeweitet werden. Gleichzeitig dürfe die Förderung von Windanlagen auf dem Land nicht sinken. „Am wichtigsten ist mir als Wirtschaftsminister, dass der Kreis der energieintensiven Unternehmen, die von einer Ermäßigung der EEG-Umlage profitieren, deutlich erweitert wird. Auch der industrielle Mittelstand steht schließlich im internationalen Wettbewerb“, betont Zeil. Dafür setze er sich auch bei der derzeitig laufenden Wirtschaftsministerkonferenz im schleswig-holsteinischen Plön mit Nachdruck ein.
Der beschlossene Ausstiegsplan sei ehrgeizig. Nachdem bayerische Interessen bei den Verhandlungen des Koalitionsausschusses im Kanzleramt offenbar eine untergeordnete Rolle gespielt hätten, drohe im Freistaat nun Ende 2017 eine Versorgungslücke. „Deshalb müssen wir jetzt all unsere Energie darauf verwenden, für ausreichende Ersatzkapazitäten zu sorgen. Denn Ende 2017 wären dann bereits zwei weitere bayerische Kernkraftwerke – Grafenrheinfeld und Gundremmingen B – vom Netz genommen“, mahnt Zeil.
Nun gelte es, das Ende Mai beschlossene Bayerische Energiekonzept, das zu allen Themen, die für den Umbau der Energieversorgung relevant sind, konkrete Vorschläge und Maßnahmen enthalte, zügig umzusetzen. „Bayern ist bereits heute Vorreiter beim Ausbau der erneuerbaren Energien. Ich erwarte vom Bund, dass er sich mit unserem ‚Masterplan’ intensiv auseinandersetzt“, fordert Zeil. Schließlich müsse der Bund sein eigenes Energiekonzept fortschreiben. „Wir werden kein Copyright geltend machen, wenn die Bundesregierung Ideen bei uns abschreibt“, ergänzt der Wirtschaftsminister.
Um die besonderen gesellschaftlichen Herausforderungen der Energiewende zu bewältigen, will Zeil eine neue Energieagentur ‚Energie Innovativ’ gründen, die Wirtschaft, Wissenschaft, Kommunen und Privatpersonen als Koordinierungsstelle und Informationsdrehscheibe für erneuerbare Energien, Energieeffizienz und neue Energietechnologien zur Verfügung stehen soll. Sie wird eng mit den bestehenden regionalen und kommunalen Energieagenturen zusammenarbeiten. Darüber hinaus plant das Wirtschaftsministerium, einen speziellen Beauftragten für die Erneuerbaren Energien zu benennen. Dieser soll den Ausbau der Erneuerbaren koordinieren und unterstützen.
Nachlegen müsse der Bund bei der Förderung der Energieeffizienz im Gebäudebereich. „1,5 Milliarden Euro pro Jahr für das KfW-Gebäudesanierungsprogramm reichen auch zusammen mit Steuerermäßigungen nicht aus, um die beabsichtigte deutliche Erhöhung der Sanierungsrate zu erreichen“, unterstreicht Zeil. Viel zu tun bleibe beim Infrastrukturausbau, besonders beim Bau neuer Gaskraftwerke und bei den Strom- und Gasnetzen. „Das wird kein Selbstläufer. Wir brauchen schnelle Genehmigungen für Kraftwerke und Leitungen, und wir brauchen große Investitionen in die europäische Gasinfrastruktur“, erläutert Zeil und nennt zum Beispiel die Nabucco-Pipeline oder neue LNG-Terminals für die Einspeisung von verflüssigtem Erdgas ins Gasnetz.
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Pressemitteilung-Nr. 279/11