Irrfahrten der baden-württembergischen Bildungspolitik
MÜNCHEN. "Das unter der grün-roten Flagge stehende Schiff der baden-württembergischen Bildungspolitik steuert sehenden Auges auf einen Strudel schulpolitischer Fragwürdigkeiten zu." Mit diesen Worten kommentiert der bayerische Kultusminister und Sprecher der unionsgeführten Länder für den Unterrichtsbereich Dr. Ludwig Spaenle die geplanten Änderungen im Bildungswesen im Nachbarland Baden-Württemberg.
Die Einführung der Einheitsschule sei zum einen ein Angriff auf das Gymnasium, zum anderen verwässere es anerkannte Bildungsabschlüsse. "Soll ein Abschluss am Ende einer zehnjährigen Schulzeit für alle gleichzeitig bedeuten, dass alle jungen Menschen die gleichen Fähigkeiten und Talente haben?", fragt sich der Minister. "Das einzelne Kind muss im Mittelpunkt stehen. Deshalb müssen wir unseren Schülerinnen und Schülern Möglichkeiten bieten, wie sie auf unterschiedlichsten Wegen entsprechend ihrer Begabungen fundierte Schulabschlüsse erreichen können. Baden-Württemberg, das hier bisher Vorbildfunktion bundesweit hatte, wird mit der Einheitsschule sein bisher sehr gutes schulisches Niveau senken", betont Minister Spaenle. Er halte es zudem nicht für verantwortbar, Lehrer unvorbereitet in völlig neue Strukturen mit unerprobten Konzepten zu schicken.
Bei der Qualitätsentwicklung spielt, so Spaenle, dagegen die "konstante Verlässlichkeit" im Bildungswesen eine zentrale Rolle. Die Kontinuität in den Grundzügen des Bildungswesens ist für Minister Spaenle in Bayern und Baden-Württemberg ein Grund für das gute Abschneiden der Schülerinnen und Schüler. Dies habe der Ländervergleich 2010 deutlich herausgearbeitet. "Dabei sind die Schülerinnen und Schülern in Bayern und Baden-Württemberg z. B. ihren Mitschülern in Einheitsschulländern um bis zu zwei Schuljahre voraus", betont Minister Spaenle auf der Basis des Vergleichs. Spaenle: "Das differenzierte Schulsystem eröffnet allen Schülerinnen und Schülern entsprechend ihrer Begabungen und Interessen sehr gute Bildungschancen. Dass ausgerechnet Baden-Württemberg dieses hohe Gut aus ideologischen Gründen mit einem radikalen Systemwechsel aufs Spiel setzt, ist bildungspolitisch unverantwortlich."
Dr. Spaenle will im Gegensatz dazu alle Schülerinnen und Schüler noch stärker darin unterstützen, dass sie ihre individuellen Bildungspotentiale weiter ausschöpfen können - unabhängig von der sozialen Herkunft. "Wer neben das Gymnasium die Einheitsschule mit dem selben Bildungsziel stellt, verkennt, dass sich Bildungserfolg nicht nur auf den gymnasialen Hochschulzugang reduzieren lässt", unterstrich Minister Spaenle. "Doch gerade dies wird den jungen Menschen und ihren Eltern damit suggeriert", so der Minister weiter. Auch an Haupt-, Real- und Wirtschaftsschulen werden hohe Leistungen erbracht. Gerade mit dem Blick auf den prognostizierten Fachkräftemangel werden ihre Absolventen von der Wirtschaft verstärkt nachgefragt. Aber auch der Übergang in weiterführende Qualifikationen ist für diese Schüler auf diesem Weg leichter, weil er begabungsgerecht ist.
"Die hohe Leistung des differenzierten Schulwesens und eine sehr gute soziale Teilhabe sind ein Markenzeichen der Bildungspolitik in Baden-Württemberg. Für Bayern durchaus beispielgebend", so Spaenle. Dieser erfolgreiche Weg der "Südschiene" werde zugunsten des erfolglosesten Modells der jüngeren Bildungsgeschichte, der Einheitsschule, aufgegeben.
"Es ist erschreckend zu sehen, wie Winfried Kretschmann als Steuermann das Ruder der bisher erfolgreichen Bildungspolitik in Baden-Württemberg rumreißt, um allen Erfahrungen und Studien zum Trotz in die falsche Richtung die Segel zu setzen", so der Minister abschließend.
Sylvia Schnaubelt
stellv. Pressesprecherin