MÜNCHEN / HOF Tschechien und Bayern wollen auf der Schiene enger zusammenwachsen. Bayerns Verkehrsminister Martin Zeil und der tschechische Vize-Verkehrsminister Ivo Vykydal haben hierzu heute im Königssaal des Hofer Hauptbahnhofs ein Memorandum unterzeichnet. Beide Politiker haben darin gemeinsame Ziele für den künftigen grenzüberschreitenden Schienenverkehr festgelegt. Neben dem Zugangebot steht vor allem der Ausbau der Schieneninfrastruktur zwischen Bayern und Tschechien im Mittelpunkt. „Die Grenze ist seit fast einem Vierteljahrhundert wieder offen. Auf der Schiene merkt man davon aber kaum etwas. Wir brauchen daher dringend rasche Fortschritte – für den Fern- und Regionalverkehr genauso wie für den wachsenden Schienengüterverkehr“, betont Zeil. Für ihn ist das Memorandum zum einem „Ausdruck der neuen Qualität der Beziehungen beider Nachbarn“ und zum anderen „Fundament für die künftige bilaterale Schienenverkehrspolitik“. „Es ist ein Anachronismus, dass es zwischen Bayern und Tschechien weder eine zweigleisige noch eine elektrifizierte Bahnverbindung gibt. Auf einen Nenner gebracht: Zu wenige Züge sind zu langsam unterwegs. Da muss und soll sich was tun“, unterstreicht der tschechische Vize-Minister. Vykydal vertrat Tschechiens Verkehrsminister Pavel Dobeš, der aufgrund einer von Tschechiens Ministerpräsident Petr Nečas einberufenen Sonder-Kabinettssitzung kurzfristig nicht zur Unterzeichnung kommen konnte.
Beide Verkehrspolitiker weisen darauf hin, dass das Memorandum ein politisches Signal in Richtung Berlin sei, dem Ausbau der Verbindungsstrecken mehr Priorität bei Planung und Finanzierung zu geben. Es beinhalte aber auch Maßnahmen, die in der eigenen Verantwortung lägen und an deren Realisierung man sich messen lassen werde. Im Memorandum behandelt werden die bestehenden Strecken Nürnberg – Schirnding – Prag/Karlsbad, München – Furth i. Wald – Prag und Plattling – Bayerisch Eisenstein – Klattau (Klatovy) sowie die Wiederherstellung der Verbindung Hof – Eger (Cheb) via Selb und Asch als somit vierte grenzüberschreitende Strecke auf einer Grenzlänge von rund 360 Kilometern. Gemeinsames Ziel ist unter anderem die Wiederaufnahme des Fernverkehrs zwischen Bayern und Tschechien. „Dafür sind konkurrenzfähige Fahrzeiten auf der Schiene Voraussetzung. Deshalb streben wir die vollständige Elektrifizierung und Beschleunigung der europäisch bedeutenden Strecken von Nürnberg und München nach Prag an“, erklärt Zeil. Zusammen mit noch verbesserten Nahverkehrsverbindungen soll dann der Grenzverkehr per Bahn zunehmen. „Wir haben heute entlang unserer gemeinsamen Grenze mit täglich rund zwanzig Zugpaaren weniger Verbindungen als allein an einem Grenzübergang in Lindau nach Vorarlberg. Das wollen wir beträchtlich steigern“, betont Zeil.
Das Memorandum bildet zudem einen Meilenstein für das grenzüberschreitende Reaktivierungsprojekt von Selb nach Asch. In dieses sollen bis Ende 2013 rund zehn Millionen Euro auf bayerischer und rund eine Million Euro auf tschechischer Seite investiert werden, um die infrastrukturellen Voraussetzungen für den Bahnbetrieb zu schaffen. „Mit der Unterzeichnung des Memorandums ist für die DB AG als Vorhabensträger in Bayern das entscheidende Signal für diese Strecke erfolgt“, erklärt Bayerns Bahnchef Klaus-Dieter Josel. Die DB werde jetzt die Planungen mit Nachdruck vorantreiben. „Hof bekommt dann als grenznächstes bayerisches Oberzentrum zu Tschechien endlich wieder eine umsteigefreie Verbindung ins Nachbarland“, erläutert Zeil. „Die Wiederherstellung der Strecke Aš-Selb soll den Bewohnern der Region eine regelmäßige, schnelle und komfortable Verkehrsverbindung garantieren. Die Wiedereinführung der direkten Zugverbindung Hof-Cheb auf dieser Strecke stellt für uns daher eine große Herausforderung mit hohen Erwartungen dar“, erklärt Vykydal.
Der bayerische Verkehrsminister und der tschechische Vizeminister für Verkehr verschafften sich in Hof einen ersten Überblick über das Reaktivierungsprojekt anhand eines Miniaturmodells, das die Interessengemeinschaft Bahn Cheb-Hof (IG BaCH) für den Ministerbesuch angefertigt hatte. Minister Zeil und Vizeminister Vykydal machten sich zudem mit Bayerns Bahnchef Josel und Vertretern der beidseits der Grenze an der Strecke liegenden Kommunen ein Bild vor Ort am baldigen Grenzbahnhof Selb-Plößberg. Sie trafen dort auch mit Bürgerinitiativen für und gegen die Reaktivierung zusammen. Bei der Memorandumsunterzeichnung waren alle Teilnehmer durch eine Einlage des EU-geförderten bayerisch-tschechischen Jugendtheater-Projekts čojč auch an den sogenannten Ascher Freiheitszug aus dem Jahr 1951 erinnert worden.
Achtung Redaktionen: Fotos von der Unterzeichnung stehen am späteren Nachmittag unter www.stmwivt.bayern.de/presseinfo/bildergalerie zum kostenlosen Download zur Verfügung. Der Text des Memorandums über den Schienenverkehr zwischen der Tschechischen Republik und dem Freistaat Bayern kann unter folgendem Link abgerufen werden www.stmwivt.bayern.de/verkehr/schiene/schienenverkehr-bayern-tschechien/.
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Pressemitteilung-Nr. 209/12