MÜNCHEN Bayerns Wirtschaftsminister und stellvertretende Ministerpräsident Martin Zeil appelliert an die Euro-Finanzminister, sich nicht von Griechenland in Geiselhaft nehmen zu lassen. „Unsere Geschäftsgrundlage war stets Hilfen gegen Reformen“, pocht Zeil auf getroffene Vereinbarungen. Wenn die gegebenen Versprechen von der griechischen Regierung nicht eingehalten oder im schlimmsten Fall sogar gebrochen werden, könne dies auf Dauer nicht ohne Konsequenzen bleiben. Ansonsten werde kein Land künftige Drohungen der Troika mehr ernst nehmen. „Wir sind bereit zu helfen und Solidarität zu üben. Aber wir sind nicht bereit, unser Geld in ein Fass ohne Boden zu stecken“, mahnt Zeil.
Für den bayerischen Wirtschaftsminister ist es deshalb höchste Zeit, die bisherige Rettungsstrategie für Griechenland kritisch zu überprüfen und dabei auch einen Austritt Griechenlands aus der Euro-Zone konkret ins Auge zu fassen. Wer einen solchen Schritt kategorisch ausschließe, der verhindere wirksame Reformen in Griechenland.
Der Wirtschaftsminister warnt, man dürfe mit der Forderung nach einem neuen ‚Marshall-Plan’ keine falschen Hoffnungen wecken. Natürlich müsse man prüfen, ob man mit gezielten Mitteln zum Beispiel aus den Strukturfonds Wachstumsimpulse setzen könne. „Wer aber die Situation in Griechenland mit dem zerstörten Europa nach dem Zweiten Weltkrieg vergleicht, der hat die dortigen Probleme nicht richtig verstanden“, so der Minister. Griechenland sei insgesamt zu teuer und habe auch deswegen zu wenig Produkte, die international wettbewerbsfähig seien. Zudem leide das Land unter einer ineffizienten Verwaltung, verkrusteten Strukturen und einer Elite, die sich den Staat zur Beute gemacht habe. Den Rettungsmilliarden nun noch weitere Milliarden für öffentliche Investitionen hinterher zuwerfen, sei deshalb ein Irrweg und ein teurer noch dazu. „Ist ein Unternehmen zu teuer, hilft ihm auch die beste Infrastruktur nichts“, so Zeil.
Neues Wachstum mit privaten Investitionen könne nur entstehen, wenn sich ausländische Investitionen in Griechenland wieder lohnten. „Das“, so betont der Minister, „kann aber weder die Troika noch ein europäischer Sparkommissar leisten. Das können nur die Griechen selber schaffen, indem sie ebenso schmerzhafte wie überfällige Reformen auf den Weg bringen.“ Die Perspektive für Griechenland sei nicht immer mehr Geld. Die einzige Perspektive ist aus Zeils Sicht, internationale Wettbewerbsfähigkeit und damit Marktanteile zurückzugewinnen. Zudem brauche das Land eine bessere Verwaltung, weniger Korruption und ein Ende der Vetternwirtschaft. Nur wenn Griechenland das schaffe, könne neues Wachstum entstehen. „Wenn das Land hier nicht in Vorleistung geht, werden die Milliarden wie bisher versanden und keine Wirkung entfalten“, konstatiert der Minister. „Genau das aber können wir den deutschen Steuerzahlern nicht mehr vermitteln.“
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Pressemitteilung-Nr. 77/12