Die diesjährigen Bayerischen Kunstförderpreise in der Sparte Literatur stehen fest. Drei Preise mit je 5.000 Euro gehen an Katharina Eyssen für ihren Debütroman „Alles Verbrecher“ (Verlag btb 2011), an Veronika Rotfuß für ihren Jugendroman „Mücke im März“ (Carlsen Verlag 2008) und an Max Scharnigg für den Roman „Die Besteigung der Eiger-Nordwand unter einer Treppe“ (Verlag Hoffmann & Campe 2011).
„Die Kunstförderpreise des Freistaats Bayern in der Sparte Literatur gehen in diesem Jahr an ausgeprägte Erzähltalente, die unverwechselbare eigene Stimmen gefunden haben“, sagte Kunstminister Wolfgang Heubisch zu den Vorschlägen der unabhängigen Jury.
Katharina Eyssen, 1983 in München geboren, studierte an der Hochschule für Fernsehen und Film in München Dramaturgie und Spielfilmregie. 2006/07 nahm sie am Manuskriptum-Kurs an der LMU München teil, 2008/09 am textwerk-Seminar des Literaturhauses München. Mit „Alles Verbrecher“ legt sie, so die Jury, einen „funkelnden Familienroman“ der anderen Art vor: Eine junge Münchnerin begibt sich nach dem Tod ihres Großvaters nach New York – auf der Suche nach der Vergangenheit und sich selbst. Als Tausendsassa und begnadeter Erzähler wird der Großvater für sie zum Bindeglied zwischen Orten und Zeiten. Das verführerische Als-ob des Erzählens hilft auch der Protagonistin, sich mit Untiefen und Unsicherheiten des Lebens zu versöhnen. Schon mit den ersten Sätzen entwickelt der Roman, so die Jury, einen Sog, der durch geschickte Dramaturgie, anschauliche Details und leichtfüßige Gedankenspiele aufrechterhalten wird.
Veronika Rotfuß, 1980 im Schwarzwald geboren, ist Goldschmiedin, Schauspielerin und Autorin. Derzeit lebt sie in München. Das Buch „Mücke im März“ ist ihr erster Roman: Mit einer in der Obdachlosenzeitung „Hinz und Kunzt“ veröffentlichten Kurzgeschichte gewann Veronika Rotfuß 2006 den Schreibwettbewerb dieser Zeitschrift. Ein Verleger wurde darauf aufmerksam und so wurde aus der Kurzgeschichte ein Jugendroman. Mit dem Preis soll, so die Jury, ein großes Schreibtalent zum Weitermachen ermutigt werden. Worum geht es? Eine verliebte Teenagerin, eine demenzkranke Mutter, ein vielbeschäftigter Vater, ein kleiner Bruder: Wer im Jugendbuch auf solche Protagonisten trifft, rechnet mit einer lauten Geschichte. Nicht so in Veronika Rotfuß’ Erstlingsroman „Mücke im März“. Mit einem ausgewogenen narrativen Grundrhythmus von Monologen, Reflektionen und Dialogen, einem spannenden Erzählbogen und einer immer wieder gekonnt eingesetzten Steigerung des Erzähltempos werde das Wechselbad der Gefühle in der ersten Liebe vor dem Hintergrund einer zunehmend chaotischer werdenden Familie geschildert. Die Autorin trifft in den inneren Monologen der Hauptfigur den richtigen Ton: authentisch, einfühlsam und unaufgeregt. Sie überzeugt durch eine poetische, plastische Sprache und den weitgehenden Verzicht auf einen jugendsprachlichen Jargon. Ein erstaunliches Debüt, meint die Jury, und ein großes Lesevergnügen.
Max Scharnigg, Jahrgang 1980, lebt als Journalist und Schriftsteller in München. Er gehört zur Redaktion von jetzt.de, dem Jugendmagazin der Süddeutschen Zeitung, und schreibt unter anderem für AD, Cosmopolitan und SZ-Magazin. Seine in der Süddeutschen Zeitung veröffentlichte Hauptsatz-Kolumne liegt unter dem Titel „Das habe ich jetzt akustisch nicht verstanden“ seit kurzem in Buchform vor. „Die Besteigung der Eiger-Nordwand“, erschienen im Hoffmann und Campe Verlag, ist sein Romandebüt, für das er das Literaturstipendium der Landeshauptstadt München erhielt und das für den Ingeborg-Bachmann-Preis nominiert war. Die Erzählung, die fast ohne Handlung auskommt, ist nach Ansicht der Jury von rätselhafter Poesie, von zauberhaften Einfällen und kafkaesken Episoden. Höhepunkt sei die slapstickartige Situationskomik, die sich aus der Parallele zwischen der Besteigung der Eiger-Nordwand und dem Rückzug der Erzählerfigur unter die Haustreppe ergibt.
Der Bayerische Kunstförderpreis soll begabte Nachwuchsautoren und -autorinnen auf ihrem eingeschlagenen Weg bestärken und sie zur weiteren schriftstellerischen Entwicklung ermutigen. Die Preisträger müssen durch literarische Veröffentlichungen hervorgetreten sein, in Bayern wohnen und dürfen höchstens 40 Jahre alt sein. Kunstminister Wolfgang Heubisch wird alle Bayerischen Kunstförderpreise, die auch an Künstler in den Sparten Bildende Kunst, Musik und Darstellende Kunst verliehen werden, am 18. November 2011 in der Münchener Residenz überreichen.