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Zeil: „Wechselwirkung beider Regelungen können Unternehmensfinanzierung erschweren“

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MÜNCHEN    Die Reform der Regulierungsvorschriften für Versicherungsunternehmen und Banken im Rahmen von Solvency II und Basel III birgt erhebliche Finanzierungsrisiken für deutsche Unternehmen, wenn die Wechselwirkungen zwischen beiden Regelwerken keine Berücksichtigung finden. „Tendenziell ist mit einer Erhöhung der Fremdkapitalkosten zu rechnen, die auch den Mittelstand treffen wird“, kommentiert Bayerns Wirtschaftsminister Martin Zeil die Ergebnisse eines umfassenden Gutachtens, das der Münchner Professor Christoph Kaserer im Auftrag der Finanzplatz München Initiative (fpmi) erstellt hat. „Bislang wurde die Wechselwirkung zwischen den neuen Eigenkapitalvorschriften für die Versicherungswirtschaft und für die Banken viel zu wenig beachtet, wohl auch weil es bislang keine belastbaren Zahlen gab“, kritisiert Zeil. Hier liefere das Gutachten der fpmi neue Erkenntnisse. „Tatsache ist jedenfalls, dass die Versicherungen zu den wichtigsten Finanziers der Banken gehören. Wenn die Versicherer aber ihr Anlageverhalten aufgrund neuer Vorschriften ändern, wird dies auf die Banken durchschlagen und damit auch den deutschen Mittelstand treffen“, erklärt der Minister.

 

Das Gutachten zeigt, dass Versicherer mit 1,4 Billionen Euro rund die Hälfte des langfristig gebundenen Geldvermögens in Deutschland halten. Als größte Kapitalsammelstellen spielen sie eine herausgehobene Rolle bei der Refinanzierung deutscher Banken und damit indirekt auch bei der Finanzierung des Unternehmenssektors. Darüber hinaus stellen sie der Realwirtschaft auch direkt Kapital zur Verfügung. Kaserer betont, dass der Anteil der Versicherungen an der Unternehmens- und Immobilienfinanzierung in Deutschland bei 38 Prozent liegt. Der Ordinarius für Betriebswirtschaftslehre, Finanzmanagement und Kapitalmärkte der TU München weist zudem nach, dass die Versicherungen in Deutschland zwölf Prozent des Refinanzierungsvolumens halten, das dem Bankensektor von außen zur Verfügung gestellt wird. Dies entspricht einem Volumen von rund 550 Milliarden Euro. Bei ungedeckten Bankschuldverschreibungen und -darlehen liegt dieser Anteil bei etwa 24 Prozent und bei Pfandbriefen steigt er sogar auf 41 Prozent. Auch im Bereich des Hybridkapitals, also bei nachrangigen Darlehen und Genussrechten, bilden die Versicherer eine herausragende Investorengruppe. Sie halten hier 20 Prozent der umlaufenden Titel.

 

Nach Einschätzung des Gutachtens werden die anstehenden Basel III-Vorschriften bei privaten Geschäftsbanken und Landesbanken einen erheblichen Refinanzierungsbedarf auslösen. Es sei zu erwarten, dass die Deckung zu einer verstärkten Emission von ungedeckten Bankschuldverschreibungen führt. Sollten sich Versicherungen aufgrund eigener Risikobewertung, Solvency II und Bankenrestrukturierungsgesetz aber gleichzeitig als Investoren zurückziehen, könnte es hier zu deutlichen Marktver-änderungen kommen. Dies gelte ebenso für den Bereich des Hybridkapitals. Dabei sei die Gefahr, dass die Versicherungen weniger Bankschuldverschreibungen als in der Vergangenheit kaufen, sehr real. Auch böten die Bestimmungen den Versicherern Anreize, langfristige Unternehmensanleihen zukünftig als Kapitalanlagen zu meiden. „Wenn die Refinanzierungskosten der Banken steigen, werden die Kredite tendenziell teurer. Dies kann auch den Mittelstand treffen, da er auf Kredite angewiesen ist und kaum auf andere Finanzierungsmöglichkeiten ausweichen kann“, betont Zeil.

 

Die fpmi begrüßt grundsätzlich die Einführung von Basel III und Solvency II. Beide Regelwerke werden die Risiken im Finanzsektor verringern und die Transparenz erhöhen. Um jedoch mögliche Probleme abzumildern, schlägt die fpmi im Einklang mit dem Gutachten zunächst vor, negative Wechselwirkungen von Solvency II und Basel III zu vermeiden. Einen weiteren Ansatzpunkt sieht sie darin, Solvency II stärker an der Langfristigkeit des Versicherungsgeschäfts auszurichten. Dabei müsse der Grundsatz gelten, dass die Regulierung zum Geschäftsmodell passt. Dadurch würden die in besonderer Weise erfolgreichen Garantiemodelle der deutschen Lebensversicherung und der betrieblichen Altersvorsorge gesichert. Die deutsche Lebensversicherung ist die mit Abstand wichtigste Form der privaten Altersvorsorge mit 94 Millionen Lebensversicherungsverträgen und einem Beitragsvolumen von über 90 Milliarden Euro. Der garantierten betrieblichen Altersvorsorge kommt vor allem auch im deutschen Mittelstand große Bedeutung zu. Aufgrund der möglichen Risiken, die von Solvency II, Basel III und weiteren, parallel laufenden Regulierungsvorhaben ausgehen, sollte die EU-Kommission nach Auffassung der fpmi zudem europaweit die Wechselwirkungen der einzelnen Maßnahmen sehr genau untersuchen und die Ergebnisse in ihre Vorschriften einfließen lassen.

 

„Die anstehenden Reformen sollten nur auf Basis gesicherter Auswirkungsuntersuchungen auf den Weg gebracht werden. Dabei muss ein besonderes Augenmerk auf der Finanzierung der Realwirtschaft liegen. Dafür werde ich mich mit diesem Gutachten in Berlin und Brüssel einsetzen. Ich bin zuversichtlich, dass die drei Säulen der deutschen Kreditwirtschaft auch in Zukunft eine attraktive Unternehmensfinanzierung sicherstellen werden. Hierfür müssen wir jetzt die Weichen richtig stellen“, unterstreicht Zeil.

 

Weitere Informationen zur Studie und zur fpmi finden Sie unter www.fpmi.de.

 

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Pressemitteilung-Nr. 336/11

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