MÜNCHEN Bayerns Wirtschaftsminister Martin Zeil fordert eine Beschränkung der europäischen Bankenaufsicht auf systemrelevante oder grenzüberschreitend tätige Institute. „Die Ankündigung der EU-Kommission, der EZB die Beaufsichtigung über alle Kreditinstitute im Euroraum zu übertragen, lehne ich strikt ab. Wir verfügen in Deutschland über eine Vielzahl kleiner und mittlerer Kreditinstitute, die die Kreditversorgung der mittelständischen Wirtschaft und die flächendeckende Versorgung der Bevölkerung mit Finanzdienstleistungen sicherstellen. In der Finanzkrise waren diese Institute vollkommen unauffällig und sie sind traditionell das Rückgrat einer nachhaltigen und verlässlichen Mittelstandsfinanzierung. Eine dezentrale Bankenstruktur braucht spiegelbildlich auch eine dezentrale Aufsichtsstruktur. In Deutschland wird dies durch die Deutsche Bundesbank und ihre Hauptverwaltungen in der Region sichergestellt. Leidtragende einer auf die EZB zentralisierten Bankenaufsicht wären die Sparkassen, Kreditgenossenschaften und Regionalbanken sowie in der Folge dann auch die mittelständische Wirtschaft in Deutschland“, betont Zeil.
Der Wirtschaftsminister verlangt, dass die europäische Bankenaufsicht auf die Gruppe der systemrelevanten Banken oder auf Kreditinstitute, die in einem bankgeschäftlich bedeutenden Umfang grenzüberschreitend tätig sind, beschränkt wird. Dies ist der Kern eines Zehn-Punkte-Programms des Bayerischen Wirtschaftsministers, das unter anderem folgende Eckpunkte umfasst:
- Die nationalen Aufsichtsbehörden sollten in die künftige europäische Aufsicht eingebunden werden. Wesentliche Aufgaben und Befugnisse im Bereich der operativen Bankenaufsicht müssen in der Verantwortung der nationalen Aufsichtsbehörden verbleiben.
- Die europäische Bankenaufsicht muss vor allem präventiven Charakter haben. Die Möglichkeiten einer frühzeitigen Krisenintervention müssen Vorrang vor dem Ergreifen aufsichtsrechtlicher Maßnahmen haben.
- Die Einbeziehung der EZB in die Bankenaufsicht darf deren Unabhängigkeit in keiner Weise gefährden. Drohende Interessenskonflikte insbesondere im Rahmen der Sicherung der Preisstabilität müssen durch entsprechende organisatorische Maßnahmen ausgeschlossen werden.
- Die europäische Bankenaufsicht sollte bestimmten Informations- und Kontrollrechten der nationalen Parlamente und des Europäischen Parlaments unterliegen.
- Die Beurteilung der wirtschaftlichen Lage der Kreditinstitute in den einzelnen EU-Mitgliedstaaten muss nach einheitlichen Bewertungsverfahren beziehungsweise Rechnungslegungsvorschriften erfolgen.
„Zudem ist von entscheidender Bedeutung, dass mittelbare und unmittelbare Bankenhilfen nur als ultima ratio erfolgen dürften“, mahnt Zeil. „Für eine Rekapitalisierung von Banken ist von den jeweiligen Staaten der Nachweis zu führen, dass alle privatrechtlichen und hoheitlichen Möglichkeiten zur Stabilisierung eines Instituts nicht erfolgreich verlaufen und im Fall einer Insolvenz eines Instituts schwerwiegende gesamtwirtschaftliche Auswirkungen auf nationale Volkswirtschaften und auf den Euro-Währungsraum insgesamt zu befürchten sind. Die Eigentümer des Instituts und subsidiär der entsprechende Mitgliedstaat sind entsprechend dem beschriebenen Stufenprinzip der Haftung vorrangig an den entstehenden Kosten der Rekapitalisierung oder Restrukturierung in vollem Umfang zu beteiligen. Über die Frage, ob und unter welchen Bedingungen direkte Bankenhilfen durch den ESM möglich sind, kann erst nach Einrichtung einer wirksamen Bankenaufsicht mit echten Durchgriffsrechten entschieden werden.“
Die EU-Kommission will der EZB die Aufsicht über alle Banken im Euroraum übertragen. Die EU-Kommission hat angekündigt, entsprechende Legislativvorschläge voraussichtlich am 11. September 2012 zu veröffentlichen. Die entscheidende Frage ist, ob die EZB die Bankenaufsicht über alle Kreditinstitute in der EU übernehmen soll.
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Pressemitteilung-Nr. 431/12