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Bericht aus der Kabinettssitzung

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1. Ergebnisse des Europäischen Rates vom 28./29. Juni 2012 zur Bekämpfung der Schuldenkrise im Euroraum / Gemeinsame Positionierung der Staatsregierung zu künftigen Entscheidungen

2. Landwirtschaftsminister Helmut Brunner stellt Agrarbericht 2012 vor / Land- und Forstwirtschaft bleibt gewichtiger Wirtschaftsfaktor im Freistaat / Jeder siebte Arbeitsplatz hängt direkt oder indirekt mit dem Agrar- und Forstbereich zusammen / Brunner: „Wettbewerbsfähige Land- und Forstwirtschaft ist Garant für Wohlstand und Arbeitsplätze im ländlichen Raum.“

3. Umweltminister Dr. Huber berichtet im Kabinett über Hochwasserschutz in Bayern / Huber: „Seit dem Pfingsthochwasser 1999 hat Bayern mehr als 1,5 Milliarden Euro in Hochwasserschutz investiert / 400.000 Menschen profitieren bisher vom Hochwasserschutz-Aktionsprogramm 2020 / Hightech-Hochwasserschutz und Naturschutz in Einklang gebracht“

4. Grünes Licht für die Sanierung des Hauses der Kunst / Kunstminister Heubisch: „Maßnahmen zum Erhalt einer der bedeutendsten Kultureinrichtungen Bayerns können beginnen“

 

1. Ergebnisse des Europäischen Rates vom 28./29. Juni 2012 zur Bekämpfung der Schuldenkrise im Euroraum / Gemeinsame Positionierung der Staatsregierung zu künftigen Entscheidungen

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Der Ministerrat hat heute auf der Grundlage seiner am 29. März 2012 beschlossenen Eckpunkte (Pressemitteilung der Staatskanzlei Nr. 105/2012, als Anlage beigefügt) eine gemeinsame Positionierung der Staatsregierung zu den Ergebnissen des Europäischen Rates vom 28. / 29. 6. 2012 beschlossen und seine Haltung bei künftig anstehenden Entscheidungen über Hilfsmaßnahmen unter dem vorläufigen Rettungsschirm EFSF und den endgültigen Rettungsschirm ESM festgelegt.

Die gemeinsame Positionierung umfasst folgende Eckpunkte:

1. Der Ministerrat bekräftigt seine am 29.3.2012 beschlossenen Eckpunkte zur Schuldenkrise. Der Ministerrat bekräftigt, dass

• in Entsprechung zu den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichtes Kernentscheidungen demokratisch legitimiert in den Mitgliedstaaten getroffen werden müssen, was die Entwicklung hin zu einem Europäischen Bundesstaat ausschließt,

• die Vergemeinschaftung von Schulden in jeglicher Form entschieden abzulehnen ist,

• Notkredite der Gemeinschaft nur dann gewährt werden dürfen, wenn ansonsten die Stabilität der Eurozone als Ganzes gefährdet wäre (Ultima Ratio), nur im Gegenzug zu strengen Auflagen und Reformen und Konsolidierungsmaßnahmen der Empfängerländer, bei Beteiligung des IWF und unter angemessener Einbeziehung privater Gläubiger.

2. Der Ministerrat begrüßt den ESM und den Fiskalpakt. Hier werden wichtige Eckpunkte einer Europäischen Stabilitätsunion fixiert, die den zentralen Eckpunkten der Staatsregierung zur Bewältigung der europäischen Schuldenkrise entsprechen.

3. Der Ministerrat stellt unter Bezugnahme auf die bekannt gewordenen Vereinbarungen des Europäischen Rates vom 28./29.6.2012 fest,

• dass eine europäische Bankenaufsicht dem dreigliedrigen deutschen Bankensystem Rechnung tragen muss und hinter der bestehenden deutschen Aufsicht nicht zurückfallen darf;

• dass eine Bankenrettung nach einem klaren Stufensystem erfolgen muss. In Schwierigkeiten geratene Banken müssen zunächst eigene Anstrengungen unternehmen. Wenn dies keinen Erfolg hat, müssen die betreffenden Staaten Unterstützungen an ihre Banken leisten. Erst wenn dies nicht mehr möglich ist, kann eine konditionierte Hilfe aus dem ESM an den betreffenden Staat erfolgen, der damit wiederum auf seine Banken zugehen kann;

• dass über die Frage, ob und unter welchen Bedingungen direkte Bankenhilfen durch den ESM möglich sind, erst nach Einrichtung einer wirksamen Bankenaufsicht mit echten Durchgriffsrechten entschieden werden kann. Eine Haftungsunion muss auf jeden Fall vermieden werden. Der Grundsatz der Ultima Ratio sowie der Konditionalität von Hilfen muss strikt beachtet werden.

• die Staatsregierung geht davon aus, dass die Vereinbarungen des Europäischen Rates vom 28./29.6.2012 die im ESM vorgesehen Verfahren und Voraussetzungen für die Gewährung von Hilfskrediten unverändert lassen. Die Staatsregierung bekräftigt, dass die vom Gipfel in Aussicht genommene und in einer Vereinbarung noch zu konkretisierende flexible und effiziente Nutzung der vorhandenen Rettungsschirminstrumente insbesondere gewährleisten muss:

 Einhaltung des ultima ratio Prinzips

 neue Hilfen nur gegen zusätzliche und verbindliche Anpassungsprogramme

 Einbeziehung der Expertise der Troika,

 strikte Beachtung des Verbotes der Staatenfinanzierung (no bail out),

 Einhaltung der Vorgaben des Fiskalpaktes, d.h. strikte Begrenzung der Neuverschuldung und Abbau der Gesamtverschuldung,

 sofortige Beendigung der Hilfen, wenn Voraussetzungen nicht vorliegen.

4. Der Ministerrat spricht sich für eine Stärkung des Rettungsschirmprinzips der Ultima Ratio aus, um die Risiken für Deutschland aus den Hilfskrediten zu begrenzen. Überschuldete Staaten sollen deshalb eigene Refinanzierungsmöglichkeiten stärker als bislang nutzen. Es sollen alle Möglichkeiten ausgeschöpft werden, die volkswirtschaftliche Bonität (Rating) der kreditgebenden Länder – auch im Interesse der Leistungsfähigkeit der Rettungsschirme – zu erhalten. Eine Erschöpfung der Mittel des ESM muss vermieden werden.

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2. Landwirtschaftsminister Helmut Brunner stellt Agrarbericht 2012 vor / Land- und Forstwirtschaft bleibt gewichtiger Wirtschaftsfaktor im Freistaat / Jeder siebte Arbeitsplatz hängt direkt oder indirekt mit dem Agrar- und Forstbereich zusammen / Brunner: „Wettbewerbsfähige Land- und Forstwirtschaft ist Garant für Wohlstand und Arbeitsplätze im ländlichen Raum.“

Die Land- und Forstwirtschaft ist weiter ein gewichtiger Wirtschaftsfaktor im Freistaat. Das geht aus dem bayerischen Agrarbericht 2012 hervor, den Landwirtschaftsminister Helmut Brunner heute im bayerischen Kabinett vorgestellt hat. Danach erzielt die Land- und Forstwirtschaft in Bayern zusammen mit den vor- und nachgelagerten Bereichen jährlich rund 140 Millarden Euro Umsatz, das sind rund 15 Prozent der Gesamtumsätze der bayerischen Wirtschaft. „Jeder siebte Arbeitsplatz im Freistaat hängt direkt oder indirekt mit dem Agrar- oder Forstbereich zusammen. Eine wettbewerbs- und leistungsfähige Agrarwirtschaft ist Basis und Garant für Wohlstand und Arbeitsplätze in den ländlichen Regionen.“, so Brunner. Nach der im vergangenen Jahr erreichten Bruttowertschöpfung von 3,71 Milliarden Euro ist Bayern bundesweit mit Abstand das Agrar- und Forstland Nummer Eins.

Die betrieblichen Strukturen sind laut Brunner in den vergangenen zwei Jahren relativ stabil geblieben, die Zahl der Betriebsaufgaben bewegt sich wie in den Vorjahren bei jährlich etwa zwei Prozent. Im vergangenen Jahr gab es im Freistaat rund 98.000 Betriebe über fünf Hektar Größe. Damit steht bundesweit jeder dritte Bauernhof in Bayern, die durchschnittliche Größe liegt bei 32,1 Hektar landwirtschaftlich genutzter Fläche. Etwa die Hälfte der Betriebe werden im Haupterwerb geführt, die andere Hälfte im Nebenerwerb. Zwei Drittel der Betriebe setzen auf mindestens ein weiteres Einkommensstandbein wie Forstwirtschaft, Energieerzeugung oder Tourismus. Gerade die Umsetzung der Energiewende wird nach Einschätzung Brunners den Betrieben weitere Chancen eröffnen.

Die Situation auf den Märkten hat sich dem Agrarbericht zufolge positiv entwickelt: Die Preiseinbrüche sind überwunden, seit Mitte 2010 befinden sich die Erzeugerpreise bei den meisten Agrarprodukten wieder im Aufwind. Zu der positiven wirtschaftlichen Entwicklung hat auch die große Auslandsnachfrage nach bayerischen Lebensmitteln beigetragen, so der Landwirtschaftsminister. Der Exportwert für Agrargüter lag im vergangenen Jahr mit 7,7 Milliarden Euro nur knapp unter dem Rekord von 2008. „Unsere Spezialitäten sind Dank ihrer hohen Qualität und Vielfalt weltweit geschätzt“, sagte Brunner. Mit der 2011 gegründeten Marketingagentur und der Entwicklung eines Regionalsiegels will Landwirtschaftsminister Brunner die Erfolgsgeschichte bayerischer Nahrungsmittel auf regionalen, nationalen und internationalen Märkten fortschreiben. Ein Beleg für die positive Stimmung in der Landwirtschaft sind laut Brunner auch die hohe Ausbildungsbereitschaft und die Zahl der Berufsanfänger in den „grünen Berufen“: „Agrarberufe sind attraktiv wie selten zuvor. Das zeigt, dass unser Nachwuchs Vertrauen in die Zukunft der Landwirtschaft hat“, so der Minister. 2011 wurden rund 5 000 junge Menschen in einem Agrarberuf ausgebildet.

Langfristig sieht Brunner die Perspektiven in der Landwirtschaft ausgesprochen positiv: „Der Bedarf an Lebensmitteln und Agrarrohstoffen steigt beständig und der Stellenwert der Land- und Forstwirtschaft nimmt weltweit zu. Das macht die Land- und Forstwirtschaft zu einer echten Zukunftsbranche.“ Allerdings müsse sichergestellt bleiben, dass die vielfältigen Leistungen der Landwirte für die Gesellschaft, etwa die Pflege der Kulturlandschaft oder der Erhalt der Biodiversität, auch künftig entsprechend honoriert werden. Die Staatsregierung werde sich deshalb in Brüssel und Berlin weiter nach Kräften für ein starkes Agrarbudget einsetzen und selbst die nötigen Landesmittel zur Verfügung stellen.

Der in zweijährigem Turnus erstellte bayerische Agrarbericht ist das umfangreichste Informations- und Datenwerk zur Lage der bayerischen Landwirtschaft. Es dokumentiert in einem ausführlichen Text-, Tabellen und Kartenmaterial den hohen Stellenwert und die Entwicklung dieser für Bayern so wichtigen Branche. Der Agrarbericht 2012 kann unter www.agrarbericht.bayern.de heruntergeladen werden.

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3. Umweltminister Dr. Huber berichtet im Kabinett über Hochwasserschutz in Bayern / Huber: „Seit dem Pfingsthochwasser 1999 hat Bayern mehr als 1,5 Milliarden Euro in Hochwasserschutz investiert / 400.000 Menschen profitieren bisher vom Hochwasserschutz-Aktionsprogramm 2020 / Hightech-Hochwasserschutz und Naturschutz in Einklang gebracht“

Über 400.000 Menschen in Bayern werden dank des Hochwasserschutz-Aktionsprogramms 2020 vor Überschwemmungen, Fluten oder unter Wasser stehenden Kellern geschützt. Dies betonte der Bayerische Umweltminister Dr. Marcel Huber bei seinem Bericht zum Stand der Umsetzung des Hochwasser-Aktionsprogramms 2020 im Ministerrat. „Nach dem verheerenden Pfingsthochwasser 1999 hat Bayern reagiert und 2001 das Aktionsprogramm mit einem Finanzvolumen von 2,3 Milliarden Euro beschlossen. Seither wurden mehr als 1,5 Milliarden Euro investiert. Ziel ist es, die Menschen sowie ihr Hab und Gut vor schlimmen Hochwasserfolgen zu bewahren", so Huber. Gesetzt wird auf einen Dreiklang von technischem und natürlichem Hochwasserschutz sowie Hochwasservorsorge. Insgesamt wurden bislang für 4.300 Kilometer der staatlichen Gewässer Entwicklungskonzepte aufgelegt und 277 Kilometer Deiche saniert. Neue Schutzanlagen wie in Regensburg oder an der Mangfall wurden auf 107 Kilometern Länge gebaut. Ab 2008 wurden zudem 277 Hektar Uferbereiche renaturiert und 130 Hektar Auwälder geschaffen. So entstanden 16 Millionen Kubikmeter Rückhalterraum. Umweltminister Huber: „Mensch und Natur profitieren gleichermaßen. Hightech-Hochwasser- und Naturschutz werden in Einklang gebracht. Es entstehen neue Lebensräume für Tiere und Pflanzen sowie Naherholungsräume für die Bevölkerung.“

Zu Bayerns herausragenden Hochwasserschutzmaßnahmen gehören etwa die Ertüchtigung des Sylvensteinspeichers für 24 Millionen Euro oder die Maßnahmen entlang der niederbayerischen Donau mit einem Volumen von 400 Millionen Euro. „Der Einsatz hat sich gelohnt: In den vergangenen Jahren blieb Bayern deshalb vor größeren Hochwasserschäden verschont“, erklärt Huber. Dennoch sieht der Bayerische Umweltminister noch nicht alle Aufgaben erfüllt: „Nachhaltiger Hochwasserschutz erfordert konsequentes Handeln und solide Finanzierung: Wir gehen nach 2020 von einem weiteren Investitionsbedarf von über 1,3 Milliarden Euro aus. Nur so können wir den Auswirkungen des Klimawandels begegnen.“ Um mögliche Hochwasserereignisse besser abschätzen zu können, hat das Bayerische Umweltministerium erst vor kurzem eine vorläufige Hochwasser-Risikobewertung für ganz Bayern ermitteln lassen. Hier werden nun entsprechend den gesetzlichen Vorgaben des Bundes bis Ende 2013 durch das Landesamt für Umwelt Gefahren- und Risikokarten erstellt.

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4. Grünes Licht für die Sanierung des Hauses der Kunst / Kunstminister Heubisch: „Maßnahmen zum Erhalt einer der bedeutendsten Kultureinrichtungen Bayerns können beginnen“

Der Ministerrat hat grünes Licht für die Sanierung des Hauses der Kunst gegeben. Kunstminister Wolfgang Heubisch wird nun den Planungsauftrag erteilen. Heubisch betonte: „Es ist dringend erforderlich, dass wir dieses Sanierungsprojekt nun angehen. Das Haus der Kunst ist eine der bedeutendsten Kultureinrichtungen des Freistaats. Mit seiner einzigartigen Gesamtkonzeption wird es weit über München hinaus in der weltweiten Kunst- und Kulturszene wahrgenommen. Die umfassende Sanierung des 75 Jahre alten Gebäudes ist Voraussetzung dafür, dass das Haus weiterhin Ausstellungen auf internationalem Niveau durchführen kann.“

Das Gebäude soll schrittweise saniert werden, um den Ausstellungsbetrieb aufrechterhalten zu können. Die letzte größere Sanierung erfolgte in den Jahren 1991 bis 1994, konzentrierte sich aber auf den Ostflügel. Nun steht eine umfassende Sanierung des Gebäudes, insbesondere der technischen Ausstattung bevor.

Das Haus der Kunst feiert in diesem Jahr zwei Jubiläen: Das 75-jährige Bestehen des Gebäudes und das 20-jährige Bestehen der Stiftung Haus der Kunst GmbH. Heubisch: „Dem Haus der Kunst ist es in den letzten 20 Jahren hervorragend gelungen, die Vielfalt der Kunstrichtungen zu präsentieren und sich ein unverwechselbares Profil zu geben. Der neue Direktor Okwui Enwezor wird das Haus der Kunst auf seinem erfolgreichen Weg noch weiter voranbringen. Die Staatsregierung wird alles daran setzen, ihm beste Rahmenbedingungen zu bieten.“

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Anlage:

Pressemitteilung Nr. 105 der Bayerischen Staatskanzlei vom 29. März 2012

Staatsschuldenkrise im Euroraum / Staatsregierung beschließt Eckpunkte im Vorfeld anstehender Entscheidungen / Europaministerin Müller: „Staatsregierung bekräftigt ihren konsequenten Kurs“

Im Vorfeld anstehender Entscheidungen zur Staatsschuldenkrise im Euroraum hat die Bayerische Staatsregierung eine Gemeinsame Positionierung beschlossen. Europaministerin Emilia Müller: „Die Bayerische Staatsregierung bekräftigt ihren konsequenten Kurs in der Staatsschuldenkrise. Das Prinzip der restriktiven Rettung zur Bewältigung der Schuldenkrise hat sich bewährt und muss strikt weiter verfolgt werden. So konnten bislang in deutschem und bayerischem Interesse viele unverantwortliche Risiken für die deutschen Steuerzahler verhindert werden. Weder wird der dauerhafte Rettungsschirm ESM auf eine Billion Euro verdoppelt, noch wird es Eurobonds oder Banklizenzen für Rettungsschirme geben. Die Verschärfung des Stabilitätspaktes und die Vereinbarung eines Fiskalpaktes begründen einen Paradigmenwechsel hin zu ausgeglichenen Haushalten in der Eurozone, der nur dank der harten Linie Deutschlands möglich war. Um eine dauerhafte und substantielle Beteiligung des Internationalen Währungsfonds an der europäischen Rettungsstrategie sicherzustellen, werden jetzt Teile des vorläufigen Rettungsschirms EFSF und des dauerhaften Rettungsschirms ESM zeitlich befristet und begrenzt parallel laufen. Damit wird in der Übergangszeit bis zum vollständigen Aufbau des ESM die Vertrauensbildung auf den Märkten unterstützt. Eine tatsächliche Überschreitung der deutschen Haftungsgrenze ist dabei nicht zu erwarten.“

Die Gemeinsame Positionierung der Staatsregierung wird nachfolgend im Wortlaut wiedergegeben:

Eckpunktepapier zur aktuellen Lage der Gemeinschaftswährung

Die Staatsregierung betont die herausragende Bedeutung der Wirtschafts- und Währungsunion für die europäische Integration. Der Euro als gemeinsame europäische Währung ist ein Erfolgsmodell. Er hat eine stabile Kaufkraft gesichert und durch den Wegfall von Wechselkursrisiken und mehr Preistransparenz die Rahmenbedingungen für Produktion, Handel und Dienstleistungen im Binnenmarkt deutlich verbessert. Deutsche und bayerische Unternehmen sparen auf diesem Weg Jahr für Jahr einen Milliardenbetrag an Währungssicherungskosten. Dies stützt unseren Export, von dem viele hoch qualifizierte Arbeitsplätze und der Wohlstand in der Zukunft abhängen.

Die Staatsregierung fordert deshalb zur entschlossenen Stärkung der Stabilität der Gemeinschaftswährung:

1. Das Prinzip des Haftungsausschlusses (no-bail-out) muss erhalten werden. Jedes Land muss für seine Schulden selbst haften.

 Die Staatsregierung unterstreicht, dass Notkredite der Gemeinschaft nur gewährt werden dürfen, wenn ansonsten die Stabilität der Eurozone als Ganzes gefährdet wäre (Ultima Ratio), nur im Gegenzug zu strengen Auflagen und Reformen und Konsolidierungsmaßnahmen der Empfängerländer, bei Beteiligung des IWF und unter angemessener Einbeziehung privater Gläubiger.

 Alle Rettungsmaßnahmen sind vorrangig darauf auszurichten, die bestehende Überschuldung in den europäischen Ländern wirkungsvoll und zügig abzubauen. Gleichzeitig ist durch geeignete Maßnahmen sicherzustellen, dass in Zukunft keine erneuten Verschuldensprobleme in der Eurozone eintreten können. Die Staatsregierung fordert die Regierungen der Eurozone auf, wie im Fiskalpakt vorgesehen, durch eine mutige Ausweitung der Stabilitätskultur ihre Haushalte im vorgesehen Maß zu konsolidieren sowie durch eine koordinierte Wachstumsstrategie dafür zu sorgen, dass die bestehenden Wachstumskräfte bestmöglich gestärkt werden, damit sich eine derartige Schuldenkrise nicht wiederholen kann. Der Fiskalpakt ist streng einzuhalten. Politisch motivierte Rücksichtnahmen darf es nicht mehr geben, mögen die Konsequenzen im Einzelfall auch sehr schmerzhaft sein. Nur so lässt sich die Glaubwürdigkeit der Stabilitäts-Union wiederherstellen.

 Die Strategie zur Rettung überschuldeter Eurostaaten muss Fehlanreize vermeiden. Zinsen für Hilfskredite sollen sich deshalb am Marktniveau orientieren, weil Finanzmärkte im Grundsatz eine unsolide Finanzpolitik einzelner Mitgliedstaaten mit hohen Zinsen weit wirksamer sanktionieren als es politische Instrumente der Gemeinschaft vermögen. Nur mit dem nötigen Reformdruck wird es gelingen, diejenigen Strukturreformen in Mitgliedstaaten mit mangelhafter Wettbewerbsfähigkeit anzustoßen, die erforderlich sind, auch um die Preisniveaus innerhalb der Europäischen Union wieder anzugleichen.

 Zur Wahrung der Interessen der Steuerzahler ist es unabdingbar, dass überschuldeten Staaten in einem klar begrenzten zeitlichen Rahmen ihrer Schuldentragfähigkeit mit einem klaren Plan wieder herstellen. Ausfallrisiken sind in jeder Hinsicht eng zu begrenzen und auf das unbedingt erforderliche Maß strikt zu beschränken. Würden die finanzstarken Euro-Länder überfordert und dadurch in ihrer Bonität getroffen und herabgestuft, wären auch die Krisenländer die Leidtragenden einer solchen Entwicklung.

 Eine Vergemeinschaftung von Schulden in jeglicher Form wird entschieden abgelehnt. Alle weiteren Schritte in Richtung einer Haftungs- und Transferunion müssen verhindert werden. Die Staatsregierung lehnt deshalb Eurobonds ab. Gemeinsame Anleihen untergraben die Haushaltsdisziplin in Europa, sie belohnen Länder mit unsolider Finanzpolitik und bestrafen Länder mit solider Haushaltspolitik. Gemeinsame europäische Anleihen setzten zudem die disziplinierenden Wirkung der Zinsspreads auf den Finanzmärkten außer Kraft. Eurobonds sind ungerecht, weil sie Lasten aus Fehlern anderer Eurostaaten vor allem Deutschland aufbürden und unser Land über jedes vertretbare Maß hinaus belasten würden.

 Kann ein Programmland den Auflagen nicht nachkommen, müssen die Hilfen entsprechend gekürzt oder im Notfall sogar gänzlich gestrichen werden. Finanzhilfen der Gemeinschaft dürfen auf keinen Fall für eine dauerhafte Alimentierung überschuldeter Länder missbraucht werden. Die dann schmerzhaften Folgen dienen der notwenigen Bereitschaft zu mehr Reformanstrengungen. Kann die Schuldentragfähigkeit eines Landes nicht mehr hergestellt werden, ist ein geordnetes Sanierungs- und Umschuldungsverfahren einzuleiten.

 Wenn ein Mitgliedstaat nicht gewillt oder nicht in der Lage ist, die Konvergenzkriterien dauerhaft zu erfüllen und seine Wettbewerbsfähigkeit durch Reformen nicht herstellen kann, muss die Möglichkeit bestehen, die Eurozone unter Aufrechterhaltung seiner Mitgliedschaft in der Europäischen Union wieder zu verlassen.

 Die Staatsregierung weist darauf hin, dass alle Maßnahmen zur Bewältigung der aktuellen Schuldenkrise auf Grundlage einer sorgfältigen Güterabwägung in der jeweiligen Situation getroffen werden müssen. Die Stabilität der Gemeinschaftswährung muss verteidigt werden. Zugleich dürfen Rettungsmaßnahmen die Leistungsfähigkeit der helfenden Euro- Mitgliedstaaten nicht überfordern. Bereits die bestehenden Garantien stellen ein erhebliches Risiko für die Stabilität in Deutschland dar. Die Staatsregierung unterstreicht, dass sich das Prinzip der restriktiven Rettung als Vorgehensweise zur Bewältigung der Schuldenkrise bewährt hat und strikt weiter verfolgt werden muss. Sie begrüßt, dass auf dieser Grundlage Vorschläge zur Aufstockung des Rettungsschirms auf 1 Billion Euro, Vorschläge zur Einführung von Eurobonds und zur Einräumung von Banklizenzen für Rettungsschirme erfolgreich verhindert werden konnten. Die Staatsregierung begrüßt, dass im Falle Griechenlands die privaten Gläubiger erfolgreich an der Umschuldung beteiligt wurden und durch den ESM-Vertrag Umschuldungsklauseln eingeführt werden. Die Staatsregierung unterstreicht, dass in den Rettungsprogrammen strikte Konditionalitäten bei Kredithilfen durchgesetzt wurden. Die Verschärfung des Stabilitätspaktes und die Vereinbarung eines Fiskalpaktes begründen einen Paradigmenwechsel hin zu ausgeglichenen Haushalten in der Eurozone.

Die Staatsregierung nimmt zur Kenntnis, dass der dauerhafte europäische Stabilitätsmechanismus ESM bereits im Juli 2012 in Kraft treten soll. Sie nimmt ebenfalls zur Kenntnis, dass Teile der Rettungsschirme EFSF und ESM zeitlich befristet parallel laufen sollen. Dadurch soll in der Übergangszeit bis zum Aufbau des dauerhaften Stabilitätsmechanismus die Vertrauensbildung auf den Märkten unterstützt werden. Sie stimmt diesem Vorgehen mit der Maßgabe zu,dass

• die dauerhafte und substanzielle Beteiligung des IWF an der Rettungsstrategie der EU sichergestellt und die Erhöhung der Garantievolumina des IWF an den Rettungsprogrammen der EU unterstützt werden;

• die Mittel des dauerhaften Stabilitätsmechanismus im Verhältnis zu EFSF-Mitteln vorrangig eingesetzt werden und dadurch die Wahrscheinlichkeit einer Inanspruchnahme der mit der Überlappung der Rettungsschirme befristet zusätzlich erhöhten Garantieversprechen gering bleibt;

• die Möglichkeit, nach Ausschöpfung der ESM-Mittel auf die bislang unverplanten EFSF-Mittel zurück zu greifen, strikt auf den Zeitraum bis Mitte 2013 begrenzt bleibt und dadurch eine faktische Überschreitung des deutschen Haftungsvolumens von 211 Milliarden Euro nicht zu erwarten ist. Die Staatsregierung unterstreicht, dass alles unternommen werden muss, um das Haftungsrisiko für Deutschland zu begrenzen.

Die Staatsregierung lehnt eine Erhöhung des Garantierahmens des dauerhaften europäischen Stabilitätsmechanismus ab. Neuen Rettungspaketen darf zudem nur zugestimmt werden, wenn die im Empfängerland vorhandenen Reserven und Finanzierungsmöglichkeiten tatsächlich ausgeschöpft werden. Alle neuen Rettungsprogramme bedürfen der Zustimmung des Deutschen Bundestages.

2. Die Europäische Zentralbank muss unabhängig bleiben und weiterhin der Wahrung der Preisstabilität verpflichtet bleiben.

 Das Programm der EZB zum Ankauf von Staatsanleihen überschuldeter Euro-Mitgliedstaaten darf nicht unbegrenzt und auf Dauer laufen, sondern muss wieder eingestellt werden. Dauerhafte Anleihenkäufe durch die EZB wären mit dem Verbot der monetären Staatsfinanzierung nicht vereinbar und würden eine Inflationsgefahr für den Euroraum bedeuten. Zudem würden sie den Reformdruck von überschuldeten Staaten nehmen. Aus Sicht der Staatsregierung können und dürfen die aktuellen Probleme in der Eurozone nicht über die Geldpolitik gelöst werden. Eine Vermengung von Fiskal- und Geldpolitik wird entschieden abgelehnt. Die EZB muss der Wahrung der Preisstabilität verpflichtet bleiben.

 Mit Blick auf mögliche Risiken aus dem Target2-System spricht sich die Bayerische Staatsregierung für eine Überprüfung der Ausgestaltung dieses Zahlungsverkehrssystems aus. Zu überlegen ist dabei insbesondere, ob ein Verfahren zum regelmäßigen Ausgleich von Target2-Forderungen der einzelnen Nationalbanken, zum Beispiel durch Übertragung vorhandener Goldreserven oder anderer Vermögenswerte, eingerichtet werden kann und soll. Einem weiteren Aufbau von Target2-Verbindlichkeiten würde auch die Rückkehr zu den ursprünglichen Anforderungen an die zur Zuteilung von Zentralbankgeld erforderlichen Sicherheiten entgegen wirken.

 Die krisenbedingte Ausweitung der geldpolitischen Refinanzierungsgeschäfte der EZB wie zum Beispiel die jüngsten zwei Drei-Jahres-Tender oder die geringeren Anforderungen an die zu hinterlegenden Sicherheiten haben das Risiko für das Eurosystem merklich erhöht und bergen zudem Inflationsgefahren. Der Grundsatz der EZB, alle geldpolitischen Sondermaßnahmen eng zu begrenzen und zu befristen, wird von der Bayerischen Staatsregierung befürwortet. Es geht darum, die Risiken in vertretbaren Grenzen zu halten und dazu für das Eurosystem zügig ein Konzept zu entwickeln, wie die umfangreiche Liquiditätsversorgung durch die Notenbanken zeitgerecht zurückgeführt wird, damit daraus keine Inflationsgefahr entsteht.

 Die Mitgliedstaaten sind gefordert, das Ihre zur Wahrung der Preisstabilität des Euro beizutragen. Dazu bedarf es vor allem einer konsequenten und glaubhaften Strategie zur Rückführung der Verschuldung der öffentlichen Haushalte. Auch müssen sämtliche Hilfen für Krisenländer der Eurozone so ausgestaltet werden, dass sich kein inflationärer Druck aufbauen kann. In diesem Zusammenhang weist die Bayerische Staatsregierung ausdrücklich darauf hin, dass sie die Ausstattung der EFSF oder des ESM mit einer Banklizenz entschieden ablehnt.

3. Kernentscheidungen müssen demokratisch legitimiert in den Mitgliedstaaten getroffen werden

 Die Staatsregierung spricht sich für starke und wirksame Kontrollrechte der Kommission bei der Überprüfung und Überwachung der haushaltspolitischen Verpflichtungen aus. Dabei sind die Kompetenzen der Parlamente in den Mitgliedstaaten zu achten und die Haushaltsautonomie der Mitgliedstaaten und deren regionaler Gebietskörperschaften zu erhalten. Erforderlicher Bürokratieaufwand ist im Hinblick auf schlanke Verwaltungen gering zu halten. Forderungen nach Eingriffsrechten der Europäischen Union in die Haushaltsautonomie der Mitgliedstaaten lehnt die Staatsregierung ab.

 Die Staatsregierung wendet sich gegen weitere Zentralisierungsschritte, da diese die Ursache der Krise nicht lösen. Gerade das Beispiel Griechenland zeigt, dass es nicht zur Schuldenkrise kam, weil es zu wenig europäische Regelungen gab, sondern weil diese nicht bzw. nicht im notwendigen Maß eingehalten wurden. Eine weitere Verlagerung von Entscheidungen auf europäische Institutionen wird wegen mangelnder demokratischer Legitimation abgelehnt.

 Alle Hilfsmaßnahmen müssen demokratisch legitimiert sein. Daher müssen alle wesentlichen Entscheidungen im ESM über Hilfskredite einstimmig getroffen werden. Änderungen des ESM-Vertrages sowie die Nutzung der vertragsimmanenten Änderungsklauseln hinsichtlich Gesamthöhe unter der Art der Finanzhilfeinstrumente bedürfen einer bundesgesetzlichen Ermächtigung mit Zustimmung des Bundesrates. Alle Rettungsprogramme bedürfen der demokratischen Legitimation durch die nationalen Parlamente, in Deutschland durch Bundestag und Bundesrat. Wesentliche Entscheidungen des ESM, die die haushaltspolitische Gesamtverantwortung des Deutschen Bundestages berühren, bedürfen im Einzelfall einer Zustimmung des Deutschen Bundestages. Der Bundesrat ist umfassend, zum frühestmöglichen Zeitpunkt und fortlaufend zu informieren, damit er hierzu im Einzelfall Stellung nehmen kann. Will die Bundesregierung von einer Stellungnahme des Bundesrates zu einer Finanzhilfe abweichen, muss sie dem Bundesrat die maßgeblichen Gründe nach Möglichkeit vor einer Beschlussfassung im Gouverneursrat des ESM mitteilen.

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