1. Staatsregierung erörtert Stand bei Energiewende / Seehofer und Zeil: „Ausbau der Netze wichtiger Baustein für erfolgreiche Energiewende / Verlässliche Rahmenbedingungen und wirksame Anreize für neue Kraftwerke unerlässlich / Mehr Anstrengungen bei Energieeinsparungen und Energieeffizienz notwendig“
1. Staatsregierung erörtert Stand bei Energiewende / Seehofer und Zeil: „Ausbau der Netze wichtiger Baustein für erfolgreiche Energiewende / Verlässliche Rahmenbedingungen und wirksame Anreize für neue Kraftwerke unerlässlich / Mehr Anstrengungen bei Energieeinsparungen und Energieeffizienz notwendig“
Das Bayerische Kabinett hat in seiner heutigen Sitzung den Sachstand bei der Energiewende beraten und ergänzende Maßnahmen zur erfolgreichen Umsetzung der Energiewende beschlossen. Für die Staatsregierung ist dabei weiterhin oberstes Ziel, eine zukunftsfähige Energieversorgung zu garantieren, die sicher, bezahlbar und umweltfreundlich ist. Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer und Wirtschaftsminister Martin Zeil betonten: „Wir wollen die Chancen des neuen Energiezeitalters offensiv und mit großem Einsatz nutzen. Damit die Umstellung auf eine umweltfreundliche, sichere Energieversorgung gelingt, brauchen wir vor allem einen umfangreichen Ausbau der Netze und den Neubau von witterungsunabhängigen Kraftwerken, die in Spitzenzeiten Stromversorgung garantieren, sowie mehr Anstrengungen beim Energiesparen und bei der Energieeffizienz. Dazu müssen die entscheidenden Weichenstellungen auf Bundesebene noch im laufenden Jahr getroffen werden.
Die Bevölkerung hat ‚ja‘ zum Ausstieg aus der Kernenergie und zum Einstieg ins Zeitalter der erneuerbaren Energien gesagt, deshalb erwarten die Menschen im Land zu Recht von den Entscheidungsträgern in Bund, Ländern, Kommunen und der Energiewirtschaft, dass sie die notwendigen Weichenstellungen zügig treffen und den Umstieg sorgfältig und erfolgreich managen.“
Über folgende Punkte hat das Kabinett heute im Einzelnen beraten und entschieden:
a) Anreize für Bau neuer Gaskraftwerke
Die Staatsregierung wird sich auf Bundesebene massiv für die rasche Einführung so genannter „Kapazitätsmechanismen“ einsetzen. Diese Mechanismen sind notwendig, damit konventionelle Kraftwerke auch unter den Bedingungen der Energiewende weiter wirtschaftlich arbeiten können. Seehofer und Zeil: „So erfreulich der Ausbau von Wind- und Sonnenenergie ist, dürfen wir darüber nicht außer Acht lassen, dass diese Energieträger nicht planbar sind und nicht rund um die Uhr zur Verfügung stehen, also nicht grundlastfähig sind. Zum Ausgleich brauchen wir auch weiterhin konventionelle Kraftwerke. Da diese künftig aber zunehmend die Rolle als Puffer für Spitzenzeiten übernehmen werden, brauchen wir Mechanismen, die diese Funktion wirtschaftlich honorieren, sonst wird sich dafür kein Investor finden. Bereits unser Energiekonzept vom letzten Jahr weist eindringlich darauf hin, dass die Energiewende nur gelingen kann, wenn parallel zum Ausbau der erneuerbaren Energien auch die Netze ausgebaut und neue Kraftwerkskapazitäten geschaffen werden. Stromtransport und Stromerzeugung aus Gas sind notwendige Ergänzungen, damit die Stromversorgung in Bayern zu jeder Tages- und Nachtzeit sowie bei Windstille gesichert ist.“ An geeigneten Standorten für neue Gaskraftwerke bestehe kein Mangel, so Zeil weiter, fast wöchentlich sprechen wir mit interessierten, potenziellen Investoren aus dem In- und Ausland. Aber Investitionsentscheidungen werden noch nicht getroffen, weil alle auf ein Signal aus Berlin warten.“
Auch das vom Bundeswirtschaftsministerium beauftragte Energiewirtschaftliche Institut der Universität zu Köln (ewi) schlägt in einem aktuellem Gutachten vor, einen Kapazitätsmechanismus einzurichten, um Versorgungslücken zu vermeiden. Das Bayerische Kabinett unterstützt diesen Ansatz und hält eine beschleunigte Umsetzung für zwingend geboten. „Noch in diesem Jahr muss der Bund einen Gesetzentwurf zur Einführung eines Kapazitätsmechanismus vorlegen, damit die Energiewende wie geplant umgesetzt werden kann“, bekräftigte Zeil.
Auch Umweltminister Dr. Marcel Huber ist davon überzeugt, dass mehr Kapazitäten geschaffen werden müssen, um die Stromversorgung auch dann sicherzustellen, wenn Wind und Sonne nicht verfügbar sind. „Bayern sollte seinen Energiebedarf weitestgehend selbst decken können. Nur auf Stromtransport aus dem Norden zu setzen, kann nicht die Lösung sein“, so Huber. Durch die Errichtung neuer Kraftwerke könnte eine flexible und jederzeit verfügbare Ergänzung zu den Ökoenergien geschaffen und etwaige Stromengpässe ohne zusätzliche Stromimporte nach Bayern verhindert werden. Da diese Kraftwerke nur eine vergleichsweise kurze Zeit im Jahr laufen, sind sie im jetzigen Strommarkt nicht wirtschaftlich. „Solange wir Strom aus Ökoenergien noch nicht ausreichend speichern können, brauchen wir Alternativen. Und wer in die Bereitstellung dieser Ersatzkapazitäten investiert, muss dafür auch entlohnt werden“, sagte Huber.
b) Beschleunigung des Ausbaus der Energietransportnetze
Die Bayerische Staatsregierung wird sich zudem weiterhin für eine umfassende Beschleunigung des Ausbaus der Energietransportnetze einsetzen. Hierzu soll eine optimale Verfahrensabstimmung bei länderübergreifenden Leitungsbauprojekten gewährleistet und auf eine Verabschiedung des Bundesbedarfsplans durch die Bundesregierung noch in diesem Jahr gedrängt werden. Zudem müsse der Neubau von Gasfernleitungen politisch unterstützt und der Regulierungsrahmen im Dialog mit den Netzbetreibern überprüft werden.
Zeil: „Der beschleunigte Ausstieg aus der Kernenergie nach dem Reaktorunglück von Fukushima verschärft die ohnehin schon angespannte Situation des deutschen Stromübertragungsnetzes.“ So stand im vergangenen Winter europaweit zwar genügend Strom zur Verfügung, gleichwohl kam es aber mehrfach zu Netzengpässen, die die Netzsicherheit und damit die Stromversorgungssicherheit gefährdet haben. „Das bisherige Tempo des Netzausbaus ist zu langsam, um die Stromversorgungssicherheit auch zukünftig sicherzustellen. Verzögerungen bei angekündigten Maßnahmen des Bundes, wie dem Bundesbedarfsplan drohen. Zunehmend fehlt auch die politische Unterstützung länderübergreifender Netzausbaumaßnahmen“, erläuterte Zeil. „Die Thüringer Strombrücke von Altenfeld in Thüringen nach Redwitz in Oberfranken gehört beispielsweise zu den Projekten, die unabhängig von der Abschaltung weiterer Kernkraftwerke schon heute unverzichtbar sind, um die Stromversorgungssicherheit zu gewährleisten“, so der Wirtschaftsminister weiter. „Gleichzeitig muss auch der Ausbau der Gasfernleitungsnetze zur weiteren Stärkung der Versorgungssicherheit vorangetrieben werden. Dies haben die Ereignisse Anfang Februar nochmals verdeutlicht, als es aufgrund von eingeschränkten Gasimporten zu Unterbrechungen der Gasversorgung bei den Kraftwerken Gebersdorf und Irsching drei kam“, bekräftigte Zeil.
c) Ausbau Stromverteilnetze in Bayern
Bayerns Wirtschaftsminister legte heute auch einen Fahrplan vor, um den Stromverteilnetzausbau im Freistaat zu beschleunigen. Zeil: „Das bayerische Elektrizitätsnetz muss immer größere Energiemengen aus Photovoltaik und Windkraft integrieren können. Mit unserem Fahrplan bestimmen wir zügig den Ausbaubedarf, schaffen die nötigen Voraussetzungen für die Umsetzung und verfolgen den Fortschritt der Maßnahmen.“
Dabei stehe es außer Frage, dass Bau, Betrieb und Unterhalt dieser Netze originäres Geschäft privatwirtschaftlicher Unternehmen und Stadtwerke seien. Die Staatsregierung sehe ihre Aufgabe darin, die Aktivitäten unternehmensübergreifend zu koordinieren. Ziel sei es, die Versorgung, Bezahlbarkeit und Umweltverträglichkeit der Energieversorgung sicherzustellen. Zu diesem Zweck werde die im September 2011 gegründete bayerische Energieagentur ‚Energie Innovativ’ gemeinsam mit Partnern aus Wirtschaft und Wissenschaft zeitnah in einem mehrstufigen Vorgehen den Ausbaubedarf in den Hoch-, Mittel- und Niederspannungsnetzen bestimmen und den Fortschritt des Umbaus des Energieversorgungssystems verfolgen.
„Die Analysen unserer Energieagentur werden die Grundlage für die erforderlichen politischen Weichenstellungen bilden, um die Energiewende im Verteilnetzbereich umzusetzen. Über den Bundesrat werden wir weiterhin Druck auf die Bundesregierung ausüben, den in ihrer Zuständigkeit liegenden Rechtsrahmen zu verbessern. Verzögerungen, die die Versorgungssicherheit Bayerns in Frage stellen, sind für mich nicht tragbar“, unterstrich Zeil.
Binnen eines Jahres wird zudem ein landesweiter Netzausbaupakt abgeschlossen werden, der unter Einbindung von Energiewirtschaft, örtlichen Behörden und Trägern öffentlicher Belange die Umsetzung von Leitungsbauvorhaben erleichtern wird. „Bereits jetzt sind die bayerischen Genehmigungsbehörden vorbildlich bei der zügigen und korrekten Durchführung von Raumordnungs- und Planfeststellungsverfahren. In Bayern liegt der Netzausbau im Plan. Jetzt ist der Bund gefragt“, betonte Zeil.
d) Erneuerbare Energien im Ländlichen Raum
Mit einem eigenen Aktionspaket will die Staatsregierung die Energiewende im ländlichen Raum voranbringen. Wie Landwirtschaftsminister Helmut Brunner heute erklärte, spielt beim Ausbau der erneuerbaren Energien im Freistaat die Land- und Forstwirtschaft eine Schlüsselrolle. Denn ob Bioenergie, Windkraft, Photovoltaik oder Geothermie – die erneuerbaren Energien seien „Landenergien“ und damit zwingend auf die Flächen der Landwirte und Waldbesitzer angewiesen. Brunner: „Die Energiewende kann nur gemeinsam mit den Landeigentümern gelingen. Das eröffnet wichtige Entwicklungspotenziale für den Ländlichen Raum. Denn wir haben mit der Energiewende die historische Chance, den Ländlichen Raum zum Schrittmacher für die Entwicklung der Metropolen und des ganzen Landes zu machen.“ Voraussetzung dafür seien aber neben verlässlichen Rahmenbedingungen vor allem das Vertrauen und das Engagement der Bürger, Grundeigentümer, Investoren und Gemeinden. Mit ihrem breiten Zugang zu den Akteuren vor Ort könne deshalb gerade die in Bayern flächendeckend präsente Landwirtschafts- und Forstverwaltung sowie die Verwaltung für Ländliche Entwicklung einen wertvollen Beitrag für das Gelingen der Energiewende leisten. Kernkompetenzen sieht der Minister dabei vor allem bei den Bioenergien Biogas, Holzenergie und Biokraftstoffe.
Das Aktionspaket hat folgende Schwerpunkte:
• Die Leistung der derzeit 2.400 Biogasanlagen, die etwa fünf Prozent des in Bayern verbrauchten Stroms liefern, soll durch Verbesserungen im technischen Ablauf und bei der Biogas-Ausbeute in den nächsten zehn Jahren verdoppelt werden.
• Die Bereitstellung von Energieholz soll durch Mobilisierung der ungenutzten Reserven im Privatwald um 15 Prozent von derzeit 4,8 auf 5,5 Millionen Tonnen pro Jahr gesteigert werden.
• Auf den staatlichen Versuchsgütern und Einrichtungen der Landesanstalt für Landwirtschaft sollen beispielhafte Vorzeigeprojekte für erneuerbare Energien realisiert werden, um Nachfolgevorhaben im öffentlichen und privaten Bereich anzustoßen.
• Die Entwicklung hin zu 100 weitgehend energieautarken Gemeinden und Regionen in Bayern soll gezielt gefördert werden.
• Ein unabhängiges Expertenteam „Energiewende im ländlichen Raum“ soll mit Schwerpunkt in Straubing eingerichtet werden, das in Zusammenarbeit mit der Energieagentur und den Regierungen Projekte umfassend und aus einer Hand begleitet.
e) Konzept für Forschungs- und Technologieentwicklung im Energiebereich
Ministerpräsident Seehofer, Wirtschaftsminister Zeil und Wissenschaftsminister Wolfgang Heubisch haben auf die Fortschritte bei der Energieforschung verwiesen und nochmals betont, dass die gesteckten energiepolitischen Ziele für eine zukunftsfähige Energieversorgung nur mit einer leistungsfähigen Energie-Forschung erreichbar sind: „Im Bereich der Energieforschung und
-technologieentwicklung nimmt der Freistaat bundesweit eine Vorreiterrolle ein. Bayern investiert wie kein anderes Land in die Energieforschung. Alleine 2012 bringt die Staatsregierung dafür 66 Millionen Euro auf.“ Weitere Anstrengungen im Bereich der Energietechnologie würden in den kommenden Jahren folgen. „Damit setzt die Staatsregierung Zeichen für einen innovativen und durchdachten Umbau der Energieversorgung“, so Zeil. „Mit Forschung und neuen Technologien wird es uns gelingen, rasch neue Produkte und Verfahren für die Energieversorgung von morgen zu gewinnen“, erklärte der Wirtschaftsminister. „Unser erstes Treffen mit Energieexperten aus Wissenschaft und Wirtschaft vor gut einem Jahr hat eine solche Dynamik entwickelt, dass die Empfehlungen unserer 17 ‚Energieweisen’ bereits ein halbes Jahr später vorlagen“, ergänzte Heubisch. Auf Basis dieser Empfehlungen wurden im Nachtragshaushalt 2012 eine Reihe besonders wichtiger Energieforschungsvorhaben auf den Weg gebracht. „Diese Vorhaben sind besonders im Bereich der effizienteren Energiegewinnung und
-nutzung angesiedelt, wie beispielsweise der Photovoltaik, zukünftigen Kraftwerkstechnologien, der Kraft-Wärme-Koppelung und innovativer Elektroniktechnologien, aber auch im Bereich der chemischen Energiespeicherung oder des Ressourcenmanagements. Die TU München, der Energiecampus Nürnberg und viele andere Forschungszentren in ganz Bayern werden diese Leuchtturmprojekte vorantreiben. Der beschleunigte Energiewandel stellt auch Anforderungen an Ausbildung und Lehre an den Hochschulen. Bayern kann hier mit 30 Studiengängen im Bereich der erneuerbaren Energien ein innovatives und breites Angebot vorweisen. Dies stimmt mich zuversichtlich, dass unsere Wissenschaftler die erhofften grundlegenden Beiträge zur Energiewende beisteuern werden, die in Innovationen in Bayern münden. Der Freistaat wird damit seiner Führungsrolle bei der Energiewende in Deutschland voll gerecht“, so Heubisch.
f) Steuerrecht
Finanzminister Markus Söder fordert zudem neue energiepolitische Akzente im Steuerrecht. „Die Energiewende ist in den Köpfen der Menschen angekommen – im Steuerrecht noch nicht. Entscheidend sind vor allem steuerliche Maßnahmen, um regenerative Energien und Gaskraftwerke gemeinsam voran zu bringen. Gerade die Investitionen in neue Spitzenlast-Gaskraftwerke müssten attraktiver gestaltet werden“, so Söder. Dies könne etwa durch eine schnellere und flexiblere Abschreibung erreicht werden. Damit würden neue Projekte für Energieversorger rentabler. Außerdem müsse Ökostrom wettbewerbsfähiger und für den Verbraucher noch attraktiver werden. „Ökostrom darf nicht nur dann steuerlich entlastet werden, wenn er aus reinen Öko-Stromnetzen kommt, sondern auch dann, wenn er aus allgemeinen Netzen einfließt“, so Söder. Dafür schlägt der Finanzminister eine Halbierung der Stromsteuer vor.
Söder fordert die Opposition im Bund auf, die steuerliche Förderung der energetischen Gebäudesanierung nicht länger zu blockieren: „Scheitert die Förderung der Gebäudesanierung, dann kommt auch die Energiewende nicht vom Fleck.“ Es sei höchste Zeit, dass Hauseigentümer Planungssicherheit erhalten.
2. Kabinett beschließt Bundesratsinitiative zur Schaffung eines Bundesleistungsgesetzes / Sozialministerin Haderthauer: „Bundesleistungsgesetz für behinderte Menschen zwingend erforderlich!“
Der Ministerrat hat in seiner heutigen Sitzung auf Vorschlag von Bayerns Sozialministerin Christine Haderthauer beschlossen, im Bundesrat einen Entschließungsantrag zur Schaffung eines Bundesleistungsgesetzes für Menschen mit Behinderung einzubringen. „Inklusion kann nur gelingen, wenn alle Ebenen von Staat und Gesellschaft mithelfen. Dass die Leistungen der Eingliederungshilfe bisher ausschließlich von den Ländern und Kommunen erbracht werden, ist nicht mehr zeitgemäß. Moderne wertorientierte Gesellschaftspolitik geht alle an! Inklusion ist eine nationale Aufgabe, die in Deutschland nicht flächendeckend zu bewältigen sein wird, wenn der Bund sich komplett heraushält! Ich fordere, dass der Bund die Finanzierung dieser gesamtgesellschaftlichen Aufgabe übernimmt und dazu ein Leistungsgesetz mit auf den Weg bringt. Wir müssen Menschen mit Behinderung in die Mitte der Gesellschaft holen“, so die Ministerin.
Die Zuständigkeit für Leistungen der Eingliederungshilfe für Menschen mit Behinderung liegt in Bayern bei den Bezirken. Die Kosten dafür beliefen sich in 2010 auf 1,86 Milliarden Euro. Mit der Initiative für ein Bundesleistungsgesetz sollen Menschen mit Behinderung aus der Sozialhilfe herausgelöst, ihre Rechte gestärkt und ihre Mitwirkungsmöglichkeiten verbessert werden. Dabei sollen die Leistungen zielgenauer und effektiver erbracht werden. Zugleich wird über die Kostenübernahme durch den Bund der gesamtgesellschaftliche Bezug der Aufgabe betont und eine Entlastung der kommunalen Haushalte bewirkt. Die Aufgaben, die eine alternde Gesellschaft mit einem stetig wachsenden Anteil von Menschen mit Behinderung an die sozialen Sicherungssysteme stellt, können nicht allein mit kommunal finanzierten Daseinsvorsorgeleistungen bewältigt werden. Allein in Bayern stieg die Zahl der Empfänger von Eingliederungshilfeleistungen zwischen 1995 und 2010 um rund 68 Prozent von knapp 57.000 auf 96.450 Empfänger.
3. Kabinett berät über Wohnraumversorgung in Bayern / Ausweitung der Gebiete mit erhöhtem Wohnbedarf / Innenminister Herrmann: „Besonderer Handlungsbedarf in Verdichtungsräumen, insbesondere im Raum München“
Das Kabinett hat heute den Bericht von Innenminister Joachim Herrmann über die Wohnraumversorgung in Bayern zustimmend zur Kenntnis genommen. Innenminister Herrmann: „Die Ergebnisse unserer Erhebungen bestätigen die starke regionale Differenzierung der Wohnraumversorgung in Bayern und weisen auf einen besonderen Handlungsbedarf in den Verdichtungsräumen, insbesondere im Raum München hin. Preisgünstiger Wohnraum wird hier zur Mangelware. Mieten und Kaufpreise für Wohnungen verzeichnen Höchststände. Vor allem Familien mit Kindern und Geringverdiener haben es schwer, angemessene und bezahlbare Wohnungen zu finden. Die Bayerische Staatsregierung hat in den vergangenen Jahren bereits eine Reihe von Maßnahmen ergriffen, die zur Sicherung der Wohnraumversorgung und zu dem hohen Maß an sozialem Frieden und Sicherheit, das wir in Bayern genießen, beigetragen haben. Darüber hinaus hat die Staatsregierung auch im Bundesrecht steuerliche Verbesserungen angestoßen."
Das Bayerische Wohnungsbindungsgesetzes (BayWoBindG) regelt für Gebiete mit erhöhtem Wohnungsbedarf, dass eine freie Wohnung nicht dem Inhaber eines Wohnberechtigungsscheins, sondern nur einem konkret benannten Wohnungssuchenden überlassen werden darf. Das Bayerische Staatsministerium des Innern bestimmt die Gebiete mit erhöhtem Wohnungsbedarf durch Rechtsverordnung. Eine umfangreiche Datenerhebung zur Wohnungsversorgung in den Gemeinden hat ergeben, dass die gegenwärtige Gebietskulisse der Verordnung aufgrund der aktuellen Datenlage anzupassen ist. In die Gebietskulisse der Verordnung sind demnach 145 Gemeinden aufzunehmen. Bisher waren 113 Gemeinden gelistet. Die betroffenen Gemeinden befinden sich in den Regierungsbezirken Oberbayern, Mittelfranken und Schwaben. Die Gebietskulisse wird im nächsten Gesetz- und Verordnungsblatt veröffentlicht.
Das zentrale Instrument zur Schaffung von neuem Wohnbauland allerdings, die Planungshoheit, liegt bei den Kommunen. „Nur diese können im Rahmen ihrer eigenen wohnungspolitischen Verantwortung mittels der Bauleitplanung neues Baurecht schaffen", so Herrmann weiter.
Für die Förderung von Miet- und Genossenschaftswohnungen stellt der Freistaat Bayern auch in diesem Jahr wieder 205 Millionen Euro zur Verfügung. Die Landeshauptstadt München erhält jedes Jahr einen im Vergleich zur Einwohnerzahl überproportional hohen Anteil, für 2012 sind das 52 Millionen Euro. Weiter ist die Verbesserung der Wohnsituation der Studierenden, insbesondere in München, ein wichtiges Ziel der Staatsregierung. Bayernweit sind, wie in den Vorjahren, 17,5 Millionen Euro im Staatshaushalt zur Schaffung von Studentenwohnraum veranschlagt.
Nach Überzeugung des Innenministers braucht Bayern mehr Wohnungsbau. Herrmann: "Weitere Impulse und Ideen zur Verbesserung der Wohnungsversorgung in München erhoffe ich mir aus dem offenen Gedanken- und Meinungsaustausch im Rahmen einer Wohnungsbaukonferenz im Juli."
4. Kabinett beschließt Neufassung der Wohnungsgebieteverordnung / Justizministerin Merk: „Staatsregierung verbessert Mieterschutz in Gebieten mit akutem Wohnungsmangel"
Der Ministerrat hat heute auf Vorschlag von Justizministerin Beate Merk die Wohnungsgebieteverordnung neu gefasst. Justizministerin Merk: „Wird eine vermietete Wohnung verkauft, ist das Mietverhältnis für den Mieter regelmäßig besonders gefährdet. In Gebieten, in denen er wegen eines zu geringen Angebots an Wohnraum nur schwer eine Ersatzwohnung finden kann, muss der Mieter geschützt werden. Bayern hat von der Möglichkeit, die Kündigungssperrfrist zu verlängern, schon seit langem Gebrauch gemacht. Mit der Neufassung der Wohnungsgebieteverordnung passen wir den Schutz der aktuellen Situation auf dem Wohnungsmarkt in Bayern an. In immerhin 145 bayerischen Städten und Gemeinden wird ab Juli eine Kündigungssperrfrist von 10 Jahren gelten!"
Inhalt der Verordnung ist, dass in bestimmten bayerischen Gemeinden oder Städten, in denen Mietwohnungen zu angemessenen Bedingungen knapp sind, der Käufer einer Mietwohnung, die in eine Eigentumswohnung umgewandelt wurde, dem Mieter vor Ablauf von zehn Jahren nicht wegen Eigenbedarfs oder zur wirtschaftlichen Verwertung der Wohnung kündigen darf - während ansonsten nach Bundesrecht nur eine Sperrfrist von drei Jahren gilt. Der Neufassung der Wohnungsgebieteverordnung liegt eine umfassende statistische Erhebung der Wohnungsversorgung in den bayerischen Gemeinden zugrunde (Stichtag: 31.12.2010; Anzahl ausgewerteter Gemeinden: 1060). Die Gesamtzahl der in den Anwendungsbereich der Verordnung fallenden Städte und Gemeinden hat sich von bisher 116 auf nunmehr 145 erhöht. 20 Gemeinden sind aus der Gebietskulisse ausgeschieden, im Gegenzug sind 49 Gemeinden neu hinzugekommen. 132 der 145 Gemeinden mit gefährdeter Wohnungsversorgung befinden sich im Regierungsbezirk Oberbayern (bisher 109 von 116 Gemeinden). Justizministerin Merk: „Das Ergebnis der Erhebung zeigt, dass die Wohnungsmarktsituation in zahlreichen bayerischen Gemeinden - insbesondere in Oberbayern - nach wie vor angespannt ist. Mit der auf 10 Jahre verlängerten Kündigungssperrfrist stellen wir sicher, dass die Nachfrage in diesen Gebieten nicht noch zusätzlich durch die Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen belastet wird."
Die Gemeinden, in denen zukünftig die zehnjährige Kündigungssperrfrist zur Anwendung kommen wird, sind einsehbar unter: http://www.justiz.bayern.de/imperia/md/content/stmj_internet/ministerium/ministerium/gesetzgebung/neufassung_vo_stand_04_05_12.pdf.
5. Finanzminister Markus Söder: „Bayern setzt auf maßvolle und solide Haushaltspolitik“ / Steuerschätzer prognostizieren moderate Mehreinnahmen für die Jahre 2013 und 2014
Bayern kann nach der Mai-Steuerschätzung mit moderaten Steuermehreinnahmen rechnen. „Ziel bleibt eine maßvolle, stabile und sichere Haushaltspolitik“, sagte Finanzminister Markus Söder im Ministerrat. Die Prognosen weisen für den Freistaat in den Jahren 2013 und 2014 rund eine Milliarde Euro an zusätzlichen Steuereinnahmen aus. „Damit schaffen wir den ausgeglichenen Haushalt und setzen zugleich ein starkes Signal bei der Schuldentilgung“, so Söder. Zudem werde Bayern die Zukunftsinvestitionen in Bildung, Demographischen Wandel und Energiewende fortsetzen.
Söder mahnte aber auch, dass die vorliegenden Schätzungen keinen Anlass zu Übermut geben: „Der Doppelhaushalt 2013/14 wird kein Wunschkonzert.“ Die jüngsten Prognosen berücksichtigten nur geltendes Recht: So seien weder Steuermindereinnahmen durch einen Abbau der Kalten Progression noch ein mögliches Plus durch das Steuerabkommen mit der Schweiz einkalkuliert.