MÜNCHEN Bayerns Wirtschaftsminister Martin Zeil appelliert im Vorfeld des EU-Gipfels an Bundeskanzlerin Angela Merkel, dem hohen internationalen Druck standzuhalten und sich auf keine faulen Kompromisse einzulassen. „Es ist richtig und wichtig, dass wir zügig die europäischen Verträge ändern, um effizientere Sanktionsmöglichkeiten gegen Haushalts- und Defizitsünder zu bekommen. Wir dürfen uns jedoch auf keinen Fall auf ein Gegengeschäft einlassen, das die Fundamente unserer Währung beschädigt“, mahnt Zeil. „Unsere Geldwertstabilität ist nicht verhandelbar. Die Länder der Eurozone haben sich bereits in den Verträgen von Maastricht eindeutig zu einer harten Währung bekannt. Dabei muss es bleiben.“ Allen Tendenzen, die gemeinsame Währung weichzuspülen, müsse sich die Kanzlerin auf dem EU-Gipfel mit aller Macht entgegenstellen.
Vor allem Eurobonds und eine immer weiter ausufernde Finanzierung der Krisenländer durch die EZB dürften auf keinen Fall Gegenstand der Verhandlungen werden. Hier müsse die Bundesregierung hart bleiben. Auch wenn der EU-Gipfel bereits zur ‚finalen Rettungsschlacht um den Euro’ hochstilisiert werde, gelte auch für dieses Treffen der bewährte Grundsatz: Lieber gar kein Ergebnis als ein schlechtes. „Auch der US-amerikanischen Rating-Agentur Standard & Poor’s wird es mit ihren kurz vor dem Gipfel gezielt abgeschossenen Giftpfeilen nicht gelingen, den von der Wall-Street gewünschten Zugang zur Notenpresse der EZB zu erzwingen“, ergänzt Zeil.
Der Wirtschaftsminister unterstützt ausdrücklich die Kanzlerin: Auch aus seiner Sicht ist die Krise so fundamental, dass sie mit einem kurzfristigen Befreiungsschlag auf keinen Fall zu lösen sei. „Wie auch immer man es dreht und wendet: An schmerzhaften Reformen in den Krisenländern führt kein Weg vorbei. Alles andere wäre nicht mehr als eine Scheinlösung, die die Gefahren für uns alle eher noch vergrößern würde“, so Zeil.
Deshalb sei es notwendig, den Druck zu Reformen auf keinen Fall von den Krisenländern zu nehmen. „Wer meint, politische Sanktionen könnten die Marktkräfte ersetzen, ist auf dem Holzweg. Die Erfahrungen mit unserer noch jungen Währung haben eines ganz klar gezeigt: Trotz unzähliger Verstöße gegen Verschuldungskriterien gab es bisher keine einzige Sanktion im Rahmen des Stabilitäts- und Wachstumspaktes. Erst die höheren Zinsen für ihre Kredite haben die Krisenländer zu längst überfälligen Reformen gezwungen“, erinnert der Minister. „Ohne die Kraft der Märkte würde uns noch heute so mancher Politiker aus den sonnigeren Gebieten im Süden Europas auf der Nase herumtanzen.“ Eine Lösung der Schuldenkrise könne es daher nur mit anhaltenden Zinsdifferenzen geben, weil nur so der nötige Druck aufrechterhalten werde.
„Die disziplinierende Wirkung der Märkte bleibt nur erhalten, wenn die Krisenländer keine Freibriefe durch die Rettungsschirme bekommen. Wir können nicht einfach die Rettungsschirme immer weiter aufblähen und gleichzeitig den Insolvenzfall eines Landes ausschließen“, stellt Zeil klar. In diesem Fall läge der Schwarze Peter immer bei den Geberstaaten, die sich in letzter Konsequenz sogar erpressbar machten.
Die aktuelle Entwicklung im Vorfeld des EU-Gipfels, immer höhere Hürden für eine Beteiligung der Gläubiger aufzubauen und gleichzeitig größere Rettungsschirme aufzuspannen, hält Zeil für sehr gefährlich. „Wenn wir eine Beteiligung der Gläubiger und gleichzeitig einen Austritt von Krisenländern aus dem Euro ausschließen, lassen wir uns von den Problemstaaten in Geiselhaft nehmen. Das ist der sichere Weg in die Transferunion“, mahnt Zeil. „Wer darüber hinaus immer größere Rettungsschirme fordert, überfordert die Geberländer und riskiert letztlich die gesamte Stabilität im Euro-Raum.“
Zeil erinnert in diesem Zusammenhang noch einmal daran, dass den Deutschen bei der Euro-Einführung hoch und heilig versprochen wurde, die neue Währung werde genauso hart sein wie die D-Mark. Dieses Versprechen sei die Geschäftsgrundlage, auf die sich alle Länder der Eurozone vertraglich verständigt und auch verpflichtet hätten. Jetzt gelte es, das damals gegebene Wort durch bessere Sanktionsmechanismen einzuhalten. „Eine Änderung dieser Geschäftsgrundlage ist auf diesem und auch auf folgenden EU-Gipfeln nicht verhandelbar. Sollten einige unter dem Druck der Krise dies dennoch versuchen, sollte die Kanzlerin in Erwägung ziehen, einen Gipfel platzen zu lassen. Denn im Zweifel lieber gar kein Ergebnis als ein schlechtes.“
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Pressemitteilung-Nr. 729/11