MÜNCHEN / LINDAU Bei der seit langem strittigen Bahnhofsfrage in Lindau scheint eine Lösung greifbar nah. Der Freistaat und die Stadt Lindau setzen nach einem Spitzengespräch am gestrigen Abend zur Lindauer Bahnanbindung auf den Kompromissvorschlag des Bayerischen Verkehrsministeriums, den Inselbahnhof zu erhalten und zusätzlich einen kleinen, fernverkehrstauglichen Bahnhof im Stadtteil Reutin neu zu bauen. Hintergrund ist, dass die doppelte Bahnhofslösung aktuellen Untersuchungen zufolge sowohl fahrplantechnisch möglich ist als auch bei zusätzlichen Bahnhofskosten von aktuell 6,2 Millionen Euro grundsätzlich finanzierbar scheint. „Wir sind auf unserem konstruktiven Weg einen Riesenschritt weiter. Die Weichen für die Schienenzukunft in Lindau sind neu und auf ein klares Ziel gestellt. Ich hoffe, dass in Lindau die Signale in den nächsten Wochen endgültig auf Grün geschaltet werden und bis zum Jahreswechsel eine Lösung in trockenen Tüchern ist“, kommentiert Bayerns Verkehrsminister Martin Zeil den heutigen Durchbruch.
Minister Zeil sichert zu, dass sich das Bayerische Verkehrsministerium mit 3,5 Millionen Euro beteiligen wird. Somit käme auf die Stadt Lindau ein Kostenanteil von 2,7 Millionen Euro zu, der hinsichtlich Kostensteigerungen und weiteren Risiken auf maximal 3 Millionen Euro gedeckelt ist. Des Weiteren müsste die Stadt im direkten Bahnhofsumfeld in Reutin einen Kreisverkehr, eine Zufahrtsstraße und Parkplätze bauen, deren Investitionsaufwand bei voraussichtlich rund 2,4 Millionen Euro liegt. Für die Umfeldmaßnahmen wird die Stadt eine Förderung aus Mitteln des Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetzes (GVFG) beim Freistaat beantragen. Auch Lindaus Oberbürgermeisterin Petra Seidl setzt auf die Kombi-Lösung: „Damit haben wir erstmals die Chance, sowohl die Insel als auch das Festland optimal an den Zugverkehr anzubinden. Da diese Frage jedoch von großer Bedeutung für die Stadtentwicklung ist, möchte ich einen Stadtratsbeschluss zu dieser Frage herbeiführen und anschließend den Lindauer Bürgern noch in diesem Jahr zur Entscheidung vorlegen.“
Bei der Kombi-Lösung sollen in Reutin drei 55 Zentimeter hohe und bis zu 320 Meter lange Bahnsteige mit barrierefreiem Zugang errichtet werden. „Für die DB ist nach wie vor die Verlegung des Hauptbahnhofs nach Reutin die bevorzugte Lösung. Sofern sich die Stadt für die Kombi-Lösung entscheidet, sind wir angesichts der Machbarkeit und des Finanzierungsangebots von Freistaat und Stadt bereit, diese Lösung mitzutragen“, bestätigt Volker Hentschel, Leiter der Produktion Süd bei der DB Netz AG in München. Außerdem verweist er darauf, dass dies bei der DB AG noch die Zustimmung der Gremien erfordere.
Fahrplanseitig ist parallel zur Mehrkostenermittlung bei der Infrastruktur festgestellt worden, dass mit einer Umsteigezeit von etwa acht Minuten in Lindau-Reutin Anschlussverbindungen von den Fernverkehrszügen zwischen München und Zürich an den Inselbahnhof hergestellt werden könnten. Auch direkte Anschlüsse aus dem Allgäu in Richtung Zürich und umgekehrt sind möglich. „Insgesamt wären die Anschlüsse in Lindau im Zielzustand bei der Kompromisslösung wesentlich besser als heute“, fasst Fritz Czeschka, Geschäftsführer der Bayerischen Eisenbahngesellschaft (BEG) die Ergebnisse der Fahrplanuntersuchungen des Gutachterbüro SMA und Partner AG aus Zürich zusammen.
Der vom Bayerischen Verkehrsministerium entwickelte Kompromissvorschlag wurde erstmals im Rahmen des letzten Fachgesprächs Anfang August präsentiert und erzeugte viel positive Resonanz. Daraufhin wurde vereinbart, den Erhalt des Inselbahnhofs und den Neubau eines kleinen Bahnhofs für den Fernverkehr im Stadtteil Reutin von der Fahrplan- und Kostenseite her zu prüfen. Ein alleiniger Inselbahnhof würde das Aus für Lindau als Fernverkehrshalt bedeuten, weil die der Schweiz vertraglich zugesicherte Fahrzeit von München nach Zürich nicht eingehalten werden könnte. Die Schweiz beteiligt sich an der Elektrifizierung der Bahnstrecke von Geltendorf nach Lindau. Würde nur ein Hauptbahnhof in Lindau-Reutin gebaut, könnte die Insel Lindau von Regionalzügen nicht mehr angefahren werden.
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Pressemitteilung-Nr. 543/11